Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?27103

Die bislang letzte "Demo für alle" im Februar in Stuttgart richtete sich u.a. gegen eine Ehe-Öffnung und Schulaufklärung über Homo- und Transsexualität, kurz gegen alles, was neurechte Kreise unter einer "Gender-Ideologie" zusammenfassen (Bild: Norbert Blech)

  • 22. September 2016, 11:29h 19 6 Min.

Von Beverfoerde & Co. finden es "radikal" und "indoktrinierend", dass Schüler über Homo- und Transsexualität aufgeklärt werden sollen.

Von Norbert Blech

Die homofeindliche Protestbewegung "Demo für alle" will am 30. Oktober erstmals auch in Hessen gegen eine Schulaufklärung über Homo- und Transsexualität auf die Straße gehen. "Wir lassen nicht zu, dass die schulische Erziehung unserer Kinder von Gender- und Homo-Ideologen bestimmt wird", heißt es in einem Newsletter von Organisatorin Hedwig von Beverfoerde vom Mittwoch, "dieser Lehrplan muss weg."

In der letzten Woche hatte das schwarz-grün regierte Bundesland einen neuen "Lehrplan zur Sexualerziehung an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Hessen" (PDF) vorgestellt. Darin wird die "Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen" erstmals als Unterrichtsziel definiert (queer.de berichtete). Ziel ist, "Schülerinnen und Schülern ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Verständnis für die Verschiedenheit und Vielfalt der partnerschaftlichen Beziehungen, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten in unserer Gesellschaft zu vermitteln". "Darüber, glaube ich, muss man nicht streiten", meinte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) gegenüber der "hessenschau".

Die "Demo für alle" ist in ihrem Newsletter ("Auf die Barrikaden") davon jedoch wenig begeistert: "Hammer im schwarz-grünen Hessen! Gegen den ausdrücklichen Willen der Landes-Elternvertretung, gegen das Votum der katholischen Kirche, ohne Absprache mit der Fraktion und ohne öffentliche Diskussion hat das CDU-geführte Kultusministerium unter Alexander Lorz still und heimlich bereits am 19. August 2016 einen radikalen Sexualerziehungs-Lehrplan erlassen, der Kindergefühle und Elternrechte mit Füßen tritt."

Das homophobe Protestbündnis listet alle Punkte auf, die es stört – von der Erwähnung "gleichgeschlechtlicher Partnerschaften" (6-10 Jahre) über die Erwähnung "unterschiedlicher sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten (Hetero-, Bi-Homo- und Transsexualität)" bei 10- bis 12-Jährigen bis hin zu den Punkten "erste sexuelle Erfahrungen", "Schwangerschaftsabbruch, § 218 StGB und Beratungsangebote" sowie "Aufklärung über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität, ggf. Unterstützung für Schülerinnen und Schülern beim Coming Out" bei 13- bis 16-Jährigen. Selbst Jugendliche zwischen 16 und 19 (!) sollen nach Willen der "Demo für alle" nicht mit den Punkten "Adoption, Leihmutterschaft, künstliche Befruchtung", "geschlechtsspezifisches Rollenverhalten" und dem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung konfrontiert werden.

Die "Demo für alle" hält diese Punkte des Lehrplans für "indoktrinierend" und beklagt, dass diese "Sexualerziehung mit der Brechstange" für die Schüler verbindlich ist und "nicht an die Zustimmung der Eltern gebunden" ist.

In Bayern richtet die "Demo für alle" gerade Schaden an


Die "Demo für alle" mobilisierte mit einer Online-Petition gegen neue Pläne zur Sexualaufklärung in Bayern – als Belohnung bekam sie ein Treffen mit dem zuständigen Minister

Der Protest des Bündnisses aus christlichen Fundamentalisten und Politikern und Aktivisten von CDU über AfD bis rechtsextremen Gruppen soll am 30. Oktober ab 14 Uhr an einem noch unbekannten Ort in der Landeshauptstadt Wiesbaden stattfinden. Die "Demo für alle" war zuvor mit gleich mehreren Kundgebungen federführend gegen den Bildungsplan in Baden-Württemberg aktiv und richtete sich mit einem Protest in Hannover vergeblich gegen entsprechende Pläne der dortigen rot-grünen Landesregierung. In Stuttgart ging es bei den Demos zuletzt auch gegen einen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie oder gegen die "Ehe für alle", auch wurde ein junger, von Homo-"Heilern" behandelter Schwuler dafür gefeiert, seine Homosexualität nicht auszuleben (Baden-Württemberg).

In den letzten Monaten hatte die "Demo für alle" vor allem gegen neue Richtlinien zur Sexualerziehung im CSU-regierten Bayern Front gemacht – mit einer Online-Petition gegen die angeblich "grundlegende Verunsicherung und Dekonstruktion der kindlichen Persönlichkeit", mit einer ersten geplanten Demo in München, die nach dem Amoklauf rund um ein Einkaufszentrum abgesagt werden musste, und letztlich in der letzten Woche mit einem Treffen mit Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle.

Hedwig von Beverfoerde, die die Proteste lange aus dem Berliner Büro der AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch aus organisierte, und die rechtspopulistische Autorin Birgit Kelle übergaben dem Minister dabei ein Forderungspapier, das letztlich alle Erwähnungen von Homo- und Transsexualität im Unterricht verhindern will. Zumindest dürften diese nicht "vorurteilsfrei" dargestellt werden, eine "Kritik der Homosexualität" müsse möglich bleiben (queer.de berichtete).

Die Bewegung, die mit einem Gerede über "Frühsexualisierung" und angeblichen Unterrichtseinheiten wie "Puff für alle" viele Nebelkerzen in die öffentlichen Debatten warf, zeigte hier ihre klare homophobe Hauptintention. Spaenle verschob dennoch das Inkrafttreten der Richtlinien und versprach der "Demo für alle", ihre Bedenken zu prüfen.

Mit Witzen über "Rosa Listen" den rechten Rand stärken


Birgit Kelle, hier bei einer "Demo für alle" in Stuttgart, ist wegen einer salopp-populistischen Argumentation gegen Gender & Co. ein gefragter Medienstar (Bild: Norbert Blech)

Beverfoerde kommt in ihrer fundamentalistischen Mobilisierung gegen den Zeitgeist dabei zugute, dass sie CDU-Mitglied ist und nicht nur in erzkonservativen und neurechten Kreisen bis hin zu AfD, "Junge Freiheit" und dem Hetzportal "Politically Incorrect" gut vernetzt ist, sondern auch in der Union. Auch Birgit Kelle ist CDU-Mitglied, referierte in mehreren Veranstaltungen der Partei über "Gender-Gaga", trat im sächsischen Landtag gar als "Expertin" für Homosexualität auf.

Die Autorin von "Junge Freiheit" und "Focus" nutzte in der letzten Woche ihre guten Kontakte in die Medienwelt, um im "Merkur" im Streit um die Sexualkunde in Bayern noch einmal nachzulegen, mit Populismus statt Argumenten. So warnte sie natürlich vor einem "Puff für alle", vor einer "Diktatur von Minderheiten", die "politische Gegner als homophob und 'queer-phob', also als krank, bezeichnen", oder davor, dass man "Schüler unbeaufsichtigt den einschlägigen Lobbygruppen überlässt".

Ein Kernsatz Kelles aus dem "Merkur": "Bei den Grünen wiederum versammelt sich die geballte Kompetenz in der Frage, wer gerne mit wem, wie oft und in welcher Konstellation Geschlechtsverkehr hätte, kurz 'LGBT*I' offenbar auf sogenannten 'Rosa Listen". Da werden nicht nur vermeintlich witzig Kernfragen der Identität zu Geschlechtsverkehr verklärt, sondern die "Expertin" macht sich auch über "Rosa Listen" lustig: Weiß sie in ihrer öffentlich wirksamen selbstbewussten Ignoranz nicht, dass so eine Partei in München heißt, die sich dabei nach den Namenslisten auf Polizeiwachen benannte, mit denen man Homo­sexuelle verfolgte? Oder soll hier gezielt ein weiterer vermeintlicher Kampfbegriff entschärft, umgedeutet werden?

Die Gefahr der "Demo für alle" liegt freilich nicht nur in dem Agitieren gegen Homo-Rechte, sondern auch in der Verstärkung und öffentlichen Normalisierung eines neurechten Bündnisses und dessen Argumentationen. Zuletzt setzte sich Beverfoerde für genau einen Schwulen ein, gegen den angeblichen Mordaufruf eines anonymen Posters bei Indymedia gegen Mirko Welsch von den "Homo­sexuellen in der AfD". Sie verlinkte dabei einen Blogeintrag des rechten schwulen Publizisten David Berger, der sich wiederum über die Verlinkung öffentlich freute.

Berger, der selbst mit den teils erlogenen Argumenten von "Demo für alle" & Co. gegen Bildungspläne agitiert (queer.de berichtete), ist vor wenigen Tagen als neues Mitglied der CDU in Berlin-Pankow aufgenommen worden – er will dort nach eigener Aussage Kräfte stärken, die "traditionelle Werte hochhalten und eine aus christlichen Traditionen hervor gewachsene liberal-konservative Koalition mit der AfD (und evtl. auch FDP) vorbereiten".

#1 PeerAnonym
  • 22.09.2016, 12:15h
  • Es ist wichtig, dass sich möglichst viele Menschen den Neofaschisten entgegenstellen und ihnen klarmachen, dass sie eine schrille Minderheit sind, die nicht die vernünftige Mehrheit repäsentieren.
  • Direktlink »
#2 UrsaMajorEhemaliges Profil
  • 22.09.2016, 12:19h
  • Indoktrinierend ist einzig und allein, Kindern und Jugendlichen Wissen über die Realität, die nun mal so ist, wie sie ist, bewusst vorzuenthalten.
  • Direktlink »
#3 Tommy0607
  • 22.09.2016, 12:41hEtzbach
  • Die Einzigen , die Radikal sind , sind solche Vereine !
    Die Menschen sollen endlich mal verstehen lernen , dass jeder Mensch gleich ist : Egal welche Herkunft , Sexualität oder Religion man hat .
    Und das Schwule da mit machen ist schon komisch .
    So was ist einfach nur Dumm!
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: