Rote Offensive im Schlachthof a. D.

Auftakt in St. Marx: Bürgermeister Michael Häupl liefert seinen Genossen die Munition gegen die FPÖ
Michael Häupl schwor in der Marx Halle die Genossen auf den Kampf gegen die FPÖ ein.

Bürgermeister Michael Häupl hat den Ernst der Lage erkannt. Wenige Tage vor dem Donauinselfest versammelte er die Funktionäre in der alten Rinderhalle in St. Marx. Rote Banner mit dem SPÖ-Logo verdeckten die Kulissen des Globe Theater Wien. Dort wird sonst Shakespeare gespielt, und bei dem rollen bekanntlich die Köpfe. Doch an diesem Abend ging es nicht um den Bundeskanzler, sondern um Wien und den großen Gegner im Wahlkampf.

In Zeiten, in denen der burgenländische Landeshauptmann Niessl mit der FPÖ koaliert und die Linzer SPÖ gegen Asylheime demonstriert, hält Häupl eisern an seinen Prinzipien fest. "Keine Koalition mit der FPÖ", betonte er an diesem Abend gleich zwei Mal. Die Genossen dankten es ihm mit viel Applaus.

Häupl erinnerte an die Demonstration der FPÖ gegen Asylwerber in Erdberg. "Da ist eine Familie mit einem kleinen Kind, die gerade von den Mördern der IS geflohen ist. Die werden dann empfangen von einer Truppe die sagt: "Raus mit euch". Das ist nicht akzeptabel." Politische Zusammenarbeit habe mit Haltung, Charakter und Anstand zu tun, all das gebe es bei der FPÖ nicht. Ihn treffe daher die rotblaue Koalition im Burgenland. "Wenn ich in Wien nur mehr Bürgermeister von Gnaden der FPÖ sein kann, will ich nicht mehr Bürgermeister sein", polterte Häupl und erntete dafür den größten Applaus des Abends.

Blaues Buch

Als Argumentationshilfe erhielten alle Funktionäre ein kleines Büchlein, das bei Diskussionen die Argumente liefern soll. "Ich bitte euch das Hefterl durchzulesen", sagte Häupl. "Denn überall wo wir Menschen treffen, und jemand blöd redet, müssen wir dagegen argumentieren. Egal ob beim Wirten, in der Kantine oder am Donauinselfest."

Rote Offensive im Schlachthof a. D.
Auf 24 Seiten beschreibt das "Blaubuch FPÖ" die größten Skandale der Freiheitlichen Partei. Das reicht vom wiederholten Anstreifen am Rechtsextremismus über die zahlreichen Gerichtsurteile gegen FPÖ-Politiker bis hin zu Reisen der FPÖ-Spitze nach Russland. Aber auch die Bilanz von Schwarz-Blau im Bund wird noch einmal kritisch beleuchtet. "Es kann nicht sein, dass man alle zehn Jahre die FPÖ in Regierungsverantwortung nimmt, nur um sie zu entzaubern, und die Österreicher dürfen dann die Suppe auslöffeln", sagte Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler.

Häupl gab seinen Genossen aber noch weitere Gedanken mit auf den Weg. "Wir reden vor der Wahl nicht über Koalitionen. Wir reden über uns", sagte er. Auch den in der Kritik stehenden Bundeskanzler Faymann nahm Häupl in Schutz "Jede Personaldiskussion ist Gift für uns. Deswegen lassen wir es auch." Er ermunterte die Funktionäre, die Leute zu überzeugen, zur Wahl zur gehen. Wer nicht zur Wahl im Oktober geht, überlasse das Gebiet HC Strache. Häupl: "Es kommt auf jeden an."

Nein, für Werner Faymann und die SPÖ läuft es derzeit gar nicht: Erst koaliert Burgenlands Landeschef mit der FPÖ – und ignoriert geltende Parteitagsbeschlüsse; dann überlässt der steirische SP- Chef der ÖVP freiwillig den Landeshauptmann; kurz darauf gründet Traiskirchens SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler eine Plattform, um der Partei die richtigen Inhalte zu verpassen; und als wäre all das nicht genug, bekundet am Wochenende einer der bekanntesten Auslandsösterreicher, Ex-ORF-Boss Gerhard Zeiler, im KURIER, er wäre bereit, die Führung der SPÖ zu übernehmen.

Nicht erst seit Zeilers Ansage gilt es in der Bundeshauptstadt als offenes Geheimnis, dass es de facto nur noch am wahlkämpfenden Bürgermeister Michael Häupl liegen würde, Faymanns Demission auch anzustoßen. "Die SPÖ ist gut beraten, sich personell neu aufzustellen, wir sind im freien Tiefflug", befundete diesbezüglich Andreas Babler im Ö1-Radio. Laut will das vorerst kein Landesparteichef oder Spitzenfunktionär sagen.

Faktum aber ist, dass Vertraute dem Wiener SPÖ-Chef seit geraumer Zeit ins Gewissen reden, endlich ein Machtwort zu sprechen. Die Gründe hierfür sind simpel: Während in Wien der Abstand zur FPÖ in den Umfragen mit nur noch ein paar Prozent auf Werte geschmolzen ist, die vor einem Jahr noch kein SPÖ-Stratege für möglich gehalten hätte, ist beim erratischen Gesamteindruck, den die Partei abgibt, vorerst keine Besserung in Sicht. Jüngstes Beispiel: Am Montag stellten sich Linzer SPÖ-Funktionäre mit Asylwerber-kritischen Plakaten an den Straßenrand, nur um sich Stunden später für die allzu sehr an die FPÖ-Rhetorik erinnernden Sujets zu entschuldigen.

Koordinierend könnte allenfalls noch ein Bundesgeschäftsführer eingreifen. Das Problem: Die Löwelstraße ist derzeit so gut wie unbesetzt. Norbert Darabos ist designierter Landesrat im Burgenland, mit seinem Kopf also längst in Eisenstadt. Und die Nachfolger Gerhard Schmid und Matthias Euler-Rolle können erst ab Anfang Juli reden – sie sind formal noch gar nicht bestellt.

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