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Vater trauert, gründet Stiftung

"Kinder sollten nicht vor ihren Eltern sterben"

Arsène Verny mit einem Text seines Sohnes Valerian, der beim S-Bahn-Surfen starb. Er schrieb eine Arbeit über das frühere Palais Mendelssohn. Heute hat die Stiftung hier ihren Sitz
Arsène Verny mit einem Text seines Sohnes Valerian, der beim S-Bahn-Surfen starb. Er schrieb eine Arbeit über das frühere Palais Mendelssohn. Heute hat die Stiftung hier ihren Sitz Foto: Charles Yunck/privat/Montage: B.Z.

Valerian starb 2014 mit 19 Jahren beim S-Bahn-Surfen. Sein Vater Arsène Verny hat nach diesem tragischen Unfall eine Stiftung gegründet.

Arsène Verny (59) versagt ganz kurz die Stimme, als er vom Tod seines Sohnes Valerian erzählt. Als er weiterspricht hat er Tränen in den Augen.

„Um vier Uhr nachts hat es geklingelt und die Polizei stand vor der Tür. Ein Mann und eine Frau. Sie baten, eintreten zu dürfen. In der Küche sagte die Frau dann einfach: ,Valerian ist tot.‘ Meine Frau wurde ohnmächtig. Ich sagte nur, das könne nicht sein. Der Polizist erwiderte: ,Doch, es gab einen Unfall!‘“

Eine spontane Idee – mit tödlichen Folgen

Es war der 5. März letzten Jahres. Auf dem Rückweg von einer Party in Mitte war der 19-jährige Valerian mit vier Freunden auf das Dach eines S-Bahn-Waggons der Linie 1 geklettert. Eine spontane Idee des sonst so verantwortungsvollen Studenten – mit tödlichen Folgen. An einer Tunneleinfahrt zwischen den Bahnhöfen Julius-Leber-Brücke und Schöneberg fällt er bei voller Fahrt vom Zug, bleibt im Gleisbett liegen. Seine Freunde alarmieren den Notarzt. Doch der kann ihm nicht mehr helfen.

„Es gibt Fehler, die man nur einmal macht“, sagt sein Vater. Er sitzt im Bismarckzimmer des St.-Michaels-Heims in Grunewald. Hier hat die Valerian-Stiftung ihren Sitz, die er kurz nach dem Tod seines Sohnes gegründet hat. Als Ausweg aus der Trauer.

Es soll leicht sein, seinen Namen auszusprechen

Valerian Verny starb im März 2014, als er mit Freunden auf dem Dach einer S-Bahn mitfuhr (Foto: privat)
Valerian Verny starb im März 2014, als er mit Freunden auf dem Dach einer S-Bahn mitfuhr (Foto: privat) Foto: privat

„Kinder sollten nicht vor ihren Eltern sterben“, sagt der Vater, „es ist gegen die Natur. Es verändert das ganze Leben, das ganze Denken und Fühlen.“ Nach dieser Nacht hat er zwei Wochen lang vor Schmerz nicht sprechen können, die Idee einer Stiftung gab wieder Kraft. Statt Blumen hat die Familie bei der Beerdigung um Spenden gebeten. „Für mich war es der einzige Weg, nicht zugrunde zu gehen“, sagt Arsène Verny. „Es soll irgendwann wieder leicht sein, seinen Namen auszusprechen.“

„Er war sehr begabt“, sagt sein Vater

Die Valerian-Stiftung kümmert sich seitdem um literarisch interessierte Kinder und Jugendliche. Sie organisiert Lesungen und Workshops im kreativen Schreiben und sie erinnert an den engagierten Valerian, der gerade ein Literaturstudium an der Humboldt-Universität begonnen hatte. „Er war sehr begabt“, sagt sein Vater, „und er hat sich viel um andere Menschen dabei gekümmert. Er war ein sehr liebevoller und netter Mensch. Er konnte wundervolle Texte schreiben und Menschen erreichen. Das soll die Stiftung fortführen.“

In seiner Kirchengemeinde hat Valerian bei den Kindergottesdiensten geholfen und sich in der Jugendarbeit engagiert. Für die Literaturinitiative Berlin hat er Kinder und Jugendliche für das Lesen begeistert. „Im Grunde hat das schon im Kindergarten angefangen“, sagt sein Vater. „Einmal saß er mit einem Buch inmitten seiner Freunde und hat so getan, als würde er daraus vorlesen. Dabei konnte er damals noch gar nicht lesen. Er hat einfach aus dem Gedächtnis wiedergegeben, was wir ihm erzählt hatten.“

Arsène Verny stammt aus Tschechien, ist ein erfolgreicher Anwalt. Er begleitete den EU-Beitritt des Landes, heute sind der tschechische Kultusminister und der tschechische Botschafter Schirmherren der Stiftung, mit dem Goethe-Institut in Prag gibt es Kooperationen.

„Bei den Lesungen hört man jetzt viel Lachen“, sagt Arsène Verny, „das ist auch gut so. Die Stiftung ist etwas Bleibendes, Lebendiges. Nicht nur Trauer um einen geliebten Menschen.“

Wer die Arbeit der Stiftung unterstützen will, kann spenden. Konto: Stifterverband / Valerian-Stiftung, IBAN: DE 62 3606 0488 0570 2220 05.

Am 18. August findet in der Tschechischen Botschaft in Kooperation mit pro aurum eine Sommernachtslesung mit Texten von Valerian Verny statt. Beginn ist um 19.30 Uhr in der Wilhelmstraße 44. Weitere Informationen: www.valerian-stiftung.com

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