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Fall Haderthauer Schon wieder Stress für Seehofer

Es wird ungemütlich für Christine Haderthauer: Der Chefin der bayerischen Staatskanzlei drohen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Für den urlaubsreifen Ministerpräsidenten Seehofer ein neuer lästiger Fall.
Seehofer und Haderthauer (Archivbild): Ärger in der Staatskanzlei

Seehofer und Haderthauer (Archivbild): Ärger in der Staatskanzlei

Foto: Andreas Gebert/ picture alliance / dpa

Horst Seehofers Urteil über Horst Seehofer lautete zuletzt so: uneingeschränkte Urlaubsreife. Ein "hundertprozentiges Abtauchen" sei als Ministerpräsident und Parteivorsitzender aber zu keinem Zeitpunkt möglich, hatte der CSU-Chef der "Welt am Sonntag" einschränkend gesagt. Seit diesem Dienstag dürfte sich der 65-Jährige fragen, ob er jetzt überhaupt zur Ruhe kommt. Oder ob er als Krisenmanager gefragt ist.

Eigentlich sind im Freistaat alle auf Ferien eingestellt: Der bayerische Landtag hat sich bereits in die Sommerpause verabschiedet, an den Schulen gab es Zeugnisse, Seehofer will in der kommenden Woche seinen Urlaub im Altmühltal antreten.

Doch nun brennt es in der Münchner Staatskanzlei: Die Staatsanwaltschaft München II will ein Ermittlungverfahren wegen des Verdachts des Betruges gegen Christine Haderthauer, CSU-Landtagsabgeordnete und Chefin der Münchner Staatskanzlei, sowie ihren Mann Hubert einleiten.

Zunächst nur dürre Erklärung der Staatskanzlei

Zuständige Mitarbeiter der Pressestelle in der Staatskanzlei waren am Dienstag zunächst stundenlang nicht für Anfragen erreichbar. Zunächst wurde lediglich eine dürre Pressemitteilung veröffentlicht, wonach die für den Mittag anberaumte Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung entfalle - für gewöhnlich berichtet Haderthauer nach Sitzungen der Landesregierung über Neuigkeiten aus dem Kabinett. An diesem Dienstag hatte sie aber gar nicht erst an der Sitzung teilgenommen. Sie sei krank, hatte sie dem "Münchner Merkur" gesagt.

Später hieß es in einer Erklärung, die Vorhaltungen gegen Haderthauer würden nicht ihre Amtsführung betreffen, vielmehr würden sie sich "auf eine außergerichtliche Einigung mit einem privaten Dritten" beziehen. Der jüngsten Vertrauenserklärung Seehofers sei daher nichts hinzuzufügen. Es gelte die Unschuldsvermutung, die Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen seien kein Grund für personelle Konsequenzen. Haderthauer habe erklärt, die Anschuldigungen "voll umfänglich widerlegen" zu können.

Bei den bevorstehenden Ermittlungen geht es um die sogenannte Modellbau-Affäre und das einst von Christine Haderthauer, später von ihrem Mann geführte Modellbauunternehmen Sapor Modelltechnik.

Das Unternehmen hatte an Sammler zu hohen Preisen Luxus-Modellautos verkauft, die billig von Straftätern in der Psychiatrie hergestellt worden waren. Haderthauers Ehemann hatte als Arzt im Bezirksklinikum Ansbach in der geschlossenen Abteilung für psychisch kranke Straftäter einen Dreifachmörder kennengelernt, unter dessen Anleitung entstanden später die Autos.

Roger Ponton, ein ehemaliger Geschäftspartner der Haderthauers, hatte dem SPIEGEL bereits im vergangenen Jahr gesagt, dass er sich von den Haderthauers "arglistig getäuscht" fühle. Er denke, "dass die beiden mich hintergangen und betrogen haben", hatte Ponton gesagt.

Ponton hatte 2011 Entschädigung gefordert, nachdem Christine Haderthauer ihren Firmenanteil an ihren Mann übertragen und dieser die Firma ohne Pontons Wissen 2008 verkauft hatte. Beide Seiten einigten sich damals auf 20.000 Euro. Als Ponton jedoch in Berichten von den hohen Preisen erfahren hatte, die mit den Autos erzielt worden waren, schaltete er die Staatsanwaltschaft ein.

Christine Haderthauer hat stets darauf verwiesen, dass die Modellauto-Angelegenheit vor ihrer Zeit als Landespolitikerin gelegen habe, die Vorwürfe Pontons wies sie zurück.

"Starrköpfigkeit, Ignoranz"

Der SPD-Rechtsexperte im Landtag, Horst Arnold, forderte am Dienstag umgehend den Rücktritt der Staatsministerin. "Frau Haderthauer muss jetzt Schaden vom Freistaat abhalten und ihr Amt aufgeben", sagte Arnold SPIEGEL ONLINE. Die wochenlangen "Tarn- und Druckmanöver", mit denen sie ihren eigenen Anteil an der Affäre habe verschleiern wollen, hätten bei der Staatsanwaltschaft nicht verfangen.

Der SPD-Mann erinnerte daran, dass Haderthauer dem Landtag gegenüber den Eindruck erweckt hatte, sie sei nur formal, nie operativ als Geschäftsführerin der Modellbaufirma tätig gewesen. Eine Darstellung, die sich offenbar nicht halten lässt. Außerdem hatten die Staatsministerin und ihr Mann über den gemeinsamen Anwalt Medien mit Unterlassungsdrohungen unter Druck gesetzt, um deren Berichterstattung zu beeinflussen.

Arnold warf Christine Haderthauer "Starrköpfigkeit, Ignoranz und Hinhaltetaktik" vor. Dies müsse nun zwangsläufig ihr politisches Ende zur Folge haben. Offen sei dagegen, was Ministerpräsident Seehofer über die Rolle seiner Ministerin in der Modellbauaffäre gewusst habe, als Seehofer sich vergangene Woche demonstrativ hinter Haderthauer stellte. Hier verlange die SPD umgehend Klarheit, so Arnold.

Auch für Seehofer ist die Angelegenheit lästig. Wochenlang hatte er sich nach dem CSU-Debakel bei der Europawahl mit parteiinternen Kritikern auseinandersetzen müssen. Auf Bundesebene klammert sich die Partei derzeit an das von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vorgelegte Mautkonzept, dessen Umsetzung längst noch nicht entschieden ist. Es läuft nicht wirklich rund für die Partei. Nun droht also neuer Ärger.

Als "Sommertheater" hatte Haderthauer zuletzt Rücktrittsforderungen der Opposition abgetan - dieser Sommer kann lang werden.