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Im Steglitzer Kreisel könnten Wohnungen entstehen.

© Kai-Uwe Heinrich

Update

Steglitz-Zehlendorf: Berliner Bausünden: Steglitzer Kreisel soll Wohnturm werden

Für rund 20 Millionen Euro soll der Steglitzer Kreisel an die CG-Gruppe verkauft werden. Berlin macht dabei kaum Gewinn.

Jetzt hat er es doch getan: Berlins Finanzsenator hat den Turm des Grauens am Ende der Schlossstraße verkauft. Der Steglitzer Kreisel wechselt ins Eigentum der CG Gruppe, was dem Land Berlin gerade mal eine Million Euro einbringt. Ein symbolischer Preis ist das für das einzige Hochhaus im Süden Berlins, denn dessen Errichtung hatte mehrere hundert Millionen Euro verschlungen. Doch zu den Bau-, Finanz- und Politskandalen, die das Hochhaus der Architektin Sigrid Kressmann-Zschacht umranken, zählt eben auch diese Erblast: Dass es nur einen einzigen Bieter gibt, der diesen hohlen Zahn überhaupt wieder sanieren kann.

Denn die Fertigstellung der Bauruine in den 1970er Jahre war nur durch eine Vereinbarungen möglich, durch die das Hochhaus und sein Sockel jeweils einen anderen Besitzer bekamen. Der Turm gehört dem Land. Den Sockel sicherte sich vor wenigen Jahren der Bauunternehmer Christoph Gröner (CG Gruppe) – und damit letztlich auch den Zugriff auf den Turm. Zwar schrieb der Senat das Hochhaus öffentlich zum Kauf aus in der Hoffnung auf einen möglichst hohen Erlös. Doch von den 13 anderen Interessenten bot keiner mehr als Gröner, jedenfalls nicht unter Vorlage von Bürgschaften.

Verlust ist nicht eingetreten

„Wenn irgendjemand ein höheres Angebot gemacht hätte und zugleich die Sicherheiten für die Finanzierung liefert, dann hätte er den Kreisel bekommen“, sagt Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen. Der Kaufvertrag ist zwar schon notariell unterschrieben, das Abgeordnetenhaus muss diesem aber noch zustimmen und könnte den Verkauf stoppen. Aber wozu? Knapp 19 Millionen Euro hat das Land investiert, um den Asbest aus dem Haus herauszuholen, das sind 13 Millionen Euro weniger als die Gutachter vor Baubeginn vorausgesagt hatten. Der befürchtete Verlust ist nicht eingetreten.

Trotzig hat die Verwaltung es gleichsam allen gezeigt: Wir können auch anders, keineswegs immer nur langsam und teuer. So ungefähr ließe sich die Bilanz des Finanzsenators übersetzen: „Dass der Verkaufspreis die Erwartungen deutlich übertrifft, liegt auch daran, dass das Land Berlin die Schadstoffsanierung des Gebäudes selbst übernommen hat.“ Und Kollatz-Ahnen will „dieses Vorgehen auch in vergleichbaren Fällen, etwa beim ICC anwenden“. Ist aber nicht jede Baustelle anders? Egal, sicher ist, dass Sanierungsgutachten eben auch Risiken einpreisen und wenn diese nicht eintreten, profitiert der Bauherr.

Mehr als 20 000 Quadratmeter auf 30 Geschossen gehören also bald der CG Gruppe. Diese will das frühere Bürohaus in einen Wohnturm umwandeln. Eine neue hellere Fassade ist auf den Simulationen zu sehen und durchgerechnet hat die Firma auch schon alles: Gut 190 Millionen Euro würden investiert, und, abhängig von den Wohnungsgrößen, die sich Käufer so wünschen, zwischen 182 bis 260 Wohnungen im Hochhaus einrichten – Grundrisse zwischen 70 bis 250 Quadratmetern sind möglich.

Zehn verlorene Jahre verstrichen

Günstige Wohnungen entstehen da nicht, im Turm nur Eigentumswohnungen. Hinzu kommen 67 Mietwohnungen in einem auf der Rückseite des Turms befindlichen Wohnhaus. Die Mietwohnungen an der Autobahn werden für mindestens neun Euro je Quadratmeter und Monat angeboten und in besseren Lagen für 17 Euro. Die Eigentumswohnungen im Turm sollen mindestens 4200 Euro je Quadratmeter kosten, ganz oben im Hochhaus werden mehr als 9000 Euro fällig. Sogar zwei Penthäuser soll es geben.

In gut zwei Jahren könnten die ersten Mieter einziehen: „Wir wollen im nächsten Jahr mit dem Ausbau des Turmes beginnen“, sagt Jürgen Kutz, Vorstand der CG-Gruppe AG. Die Bauzeit werde höchstens 24 Monate betragen. Die für eine Nutzung des Turmes zum Wohnen erforderlichen Bauvoranfragen habe der Bezirk bereits positiv beschieden. Sobald das Abgeordnetenhaus den Erwerb des Turmes genehmigt hat, werde die CG-Gruppe den Bauantrag stellen.

Sollte es wirklich dazu kommen, dann wären fast zehn weitere verlorene Jahre verstrichen, in denen das düstere Geisterhaus inmitten des lebendigen Kiezes leer stand. Im Jahr 2007 war das Bezirksamt aus dem Turm ausgezogen, seither wurde um das Eigentum geschachert. Erst Wohnungsnot und steigende Mieten machten den Umbau des Bürohauses in ein Wohnungshochhaus zu einem rentablen Geschäft.

Krimi um die Entstehung des Baus

Die künftigen Bewohner des Hochhauses werden ihren Gästen einmal den Krimi um die Entstehung des Baus erzählen. Der beginnt 1968 als die Architektin Sigrid Kressmann-Zschach das Land Berlin für die Co-Finanzierung des Projektes gewann. In der vierjährigen Bauzeit geriet ihre Firma in Finanznöte und meldete 1974 Insolvenz an. Der Senat haftete mit einer Bürgschaft von 42 Millionen Euro.

Bei der Aufarbeitung der „Kreisel-Affäre“ im Untersuchungsausschuss stellten die Abgeordneten eine „fahrlässige Verletzung der Pflicht“ des damaligen Bausenators Rolf Schwedler (SPD) fest. Und der Chef der Oberfinanzdirektion Berlin Klaus Arlt verlor sein Posten, weil er der Architektin beruflich geholfen und dieser auch persönlich nahe gestanden hatte. Fertig gestellt wurde der Kreisel im September 1980 durch die Firma Becker&Kries – diese hatte die Bauruine drei Jahre zuvor ersteigert.

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