Die Strategen der Linkspartei scheuen für schöne Bilder keine Mühe: Helfer mit Wahlplakaten stehen bereit, Spitzenkandidat und Wahlkampfleiter sind in den Hinterhof der Bundeszentrale gekommen, Fotografen knipsen, surrend hebt eine Kameradrohne ab. Doch der Rotorflügler kommt nicht weit, er sackt nach wenigen Sekunden durch – wie zuweilen die Umfragewerte der SPD – und setzt hoppelnd auf dem Betonboden auf. Neustarts bleiben erfolglos.

Die Linke will ihre Umfragewerte von neun Prozent halten, als Ziel für die Bundestagswahl am 24. September hat sie sogar ein zweistelliges Ergebnis ausgerufen. Deshalb schwenken jetzt die zwölf auf einer rostroten Stahlblechtribüne platzierten Helfer die Plakatmotive über ihren Köpfen hin und her, "Hey – Hey – Hey", gibt ein Kollege den Takt vor. Ein Mann kurvt mit seiner Videokamera durch das Setting – irgendein fluffiges Video muss ja für die Facebookseite der Partei entstehen, wenn schon die Drohne streikt.

Zu sehen sein werden Plakate, wie man sie von der Linken bisher wenig gewohnt war. Die Kampagne der Bundestagswahl 2013 strotzte von schwarzweißer Typografie ohne Gestaltungsanspruch. Gut erfassbar warben die Motive für bezahlbare Mieten, Mindestlohn, Millionärssteuer und für den Rückzug aus Afghanistan. Während die CDU diesmal die Deutschlandfarben wiederentdeckt hat und die Grünen auf magenta-grüne Knallmotive setzen, hat die Linke ihr Schwarzweiß verbannt, zumindest auf den Plakaten. Ihre in weiß gehaltenen Slogans erscheinen jetzt auf linkspartei-rotem Grund, je ein Schlagwort in einer dritten Farbe illustriert den Kontext: Türkisfarben leuchtet "Nähe" – es geht um mehr Personal in der Pflege. Golden glänzt das Wort "Gerecht", darüber Glieder einer Kette. Das soll den Reichtum der Millionäre verdeutlichen, deren Geld die Linke lieber auf Kitas und Schulen umverteilen will. 

Kindern widmet sich die Partei mit einem rosa Herzen, den Wunsch nach einem planbaren Leben mit sicherem Job verdeutlicht ein Plakat in Kästchenpapieroptik. Das Motiv gegen rechte Hetze bedient sich der Regenbogenfarben, die Farbe des Friedens ist blau. Man wolle "mal was anders präsentieren", sagt Wahlkampfleiter Matthias Höhn.

"Mit Gefühl" haben die Wahlkampfplaner die Kampagne überschrieben. Sie soll die Wähler anders ansprechen als der bisher gepflegte, rebellische Minimalismus, der sich zwar von den anderen Parteien abhob, in seiner Nüchternheit aber auf Dauer langweilte.

Doch auch abseits des Gestalterischen sind Wahlkampagnen eine Gratwanderung: Die Slogans müssen den Parteimitgliedern und -funktionären gefallen, sollen aber auch Wähler über den engeren Kreis der Anhänger hinaus ansprechen. Die Linke, die sich als soziale Friedenspartei versteht, beschränkt sich diesmal auf ihren Markenkern. Und nutzt das ganze Instrumentarium der Werbewelt. Psychologen befragten im Vorfeld bundesweit mehrere repräsentative Testgruppen. Dabei setzten sich die sanft kolorierten Plakate durch.