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Reise Spanien

„Erzkonservativ, aber sehr schwulenfreundlich“

Sich ein, zwei Wochen ausleben, Party machen oder einfach nur entspannen. Reiseberater Markus Uebelhart verrät die beliebtesten Ziele von Homosexuellen – und wo sie auf keinen Fall hinfahren sollten.
Besonders bei Schwulen ist die Partyinsel Ibiza beliebt Besonders bei Schwulen ist die Partyinsel Ibiza beliebt
Besonders bei Schwulen ist die Partyinsel Ibiza beliebt
Quelle: AFP/Getty Images

Immer mehr Reiseveranstalter haben sich – erfolgreich – auf die lukrative homosexuelle Kundschaft spezialisiert, von Dertour über die TUI bis zu Hotelplan in der Schweiz. Dort setzt man gezielt auf schwule und lesbische Reiseberater, weil die die Wünsche ihrer Kunden am besten kennen. Wir sprachen mit Reiseberater Markus Uebelhart über angesagte und gefährliche Reiseländer für Schwule und wollten wissen, was hinter dem Begriff „Bumsschiff“ steckt. Der 49-Jährige arbeitet beim Schweizer Reiseveranstalter Hotelplan und hat sich dort auf das Gay-Travel-Segment spezialisiert.

Die Welt: Gay Travel von Hotelplan beschäftigt fünf Reiseberater, zwei Frauen, drei Männer, alle sind homosexuell. Warum ist das wichtig?

Markus Uebelhart: Wir wollen, dass Schwule und Lesben ohne Hemmungen Fragen stellen können – zum Beispiel, ob im Hotel spezielles Spielzeug zur Verfügung steht. Ohne dass die Beratenden peinlich berührt schweigen.

Die Welt: Das heißt, Sie als Berater werden nie rot?

Markus Uebelhart arbeitet als Filialleiter des 1998 in Zürich gegründeten Unternehmens Hotelplan Gay Travel, das Reisen für Schwule und Lesben organisiert
Markus Uebelhart arbeitet als Filialleiter des 1998 in Zürich gegründeten Unternehmens Hotelplan Gay Travel, das Reisen für Schwule und Lesben organisiert
Quelle: Hotelplan Group

Uebelhart: (lacht) Das würde ich nicht behaupten, rot werde ich eher, weil ein Kunde mit mir flirtet.

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Die Welt: Seit 2010 führt Hotelplan das Angebot für Homosexuelle. Wie erfolgreich ist die Reisesparte?

Uebelhart: Wir konnten jedes Jahr zulegen – das im höheren zweistelligen Prozentbereich.

Die Welt: Wer sind Ihre Kunden?

Uebelhart: 60 Prozent Schwule, 40 Prozent Lesben – in jedem Alter. Wobei Schwule und Lesben nicht gleich ticken und teilweise ein ganz anderes Reiseverhalten haben. Gran Canaria oder Ibiza sind klassische schwule Reiseziele. Lesbische Frauen sind weniger „Party Animals“.

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Die Welt: Wohin zieht es die Lesbe, nach Lesbos?

Uebelhart: Ja, zum Beispiel. Lesben reisen oft gern auf eigene Faust, steigen in kleineren Hotels ab, suchen die Ruhe, Natur, Kultur. Zu 80 Prozent sind sie als Paar unterwegs.

Die Welt: Und der schwule Mann will, gemäß dem Klischee, Party und Sex?

Uebelhart: Da gilt es zu unterscheiden zwischen Singles und Paaren. Schwule Pärchen machen meist ganz normale Ferien. Sie wollen einfach sichergehen, dass sie in ihrem Hotel als Schwule keine Probleme haben. Singles hingegen wollen vor allem Party, Fun und Kontakt zu Gleichgesinnten.

Die Welt: Auf dem Hotelplan-Blog werben Sie mit den „gaylsten Reiseangeboten“? Was ist zurzeit besonders „gayl“?

Viele Homosexuelle zieht es im Sommer auf die griechische Insel Mykonos
Viele Homosexuelle zieht es im Sommer auf die griechische Insel Mykonos
Quelle: Getty Images

Uebelhart: Im Sommer ziehen die Partydestinationen Ibiza, Gran Canaria, Mykonos und Sitges bei Barcelona. Im Winter Gran Canaria, Fort Lauderdale und Miami in Florida sowie Puerto Vallarta in Mexiko. Je nach politischer Situation ist auch Tel Aviv ein begehrtes Ziel.

Die Welt: Wo auf der Welt fühlt sich der Schwule generell am wohlsten?

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Uebelhart: Dort, wo er sich nicht beobachtet fühlt. Spanien ist – obwohl erzkonservativ – sehr schwulenfreundlich. Playa del Inglés auf Gran Canaria bietet die größte Schwuleninfrastruktur: von Gay-only-Hotels bis zum schwulen Strand. Extrem trendy ist Barcelona, gerade haben wir eine Tour an die Gay Pride Barcelona durchgeführt.

Die Welt: Die Schwulen- und Lesbenparade in Istanbul wurde dieses Jahr verboten. Würden Sie schwule Kunden in die Türkei schicken?

Uebelhart: Die Türkei steht für Gays auf der Liste der eher gefährlichen Staaten. In der Türkei würde ich nicht Hand in Hand mit meinem Freund den Strand entlangspazieren.

Die Welt: Wo sollen Schwule auf keinen Fall Ferien machen?

Uebelhart: Russland und Jamaika sind tabu. In Russland ist der Hass auf Schwule gestiegen. Hier gilt es, ein Zeichen zu setzen, das Land zu boykottieren. In Jamaika ist es schlicht zu gefährlich. Homosexualität ist offiziell verboten und wird mit zehn Jahren Gefängnis bestraft. Nicht zuletzt die Reggaestars betreiben Schwulenbashing.

Die Welt: Warum wollen Gays in den Ferien unter sich sein?

Eine riesige Party: die Schwulen- und Lesbenparade in Barcelona
Eine riesige Party: die Schwulen- und Lesbenparade in Barcelona
Quelle: AFP/Getty Images

Uebelhart: Weil sie sich wenigstens in den Ferien nicht verstellen wollen, ein, zwei Wochen ausleben möchten, was die heterosexuelle Welt jeden Tag ausleben kann. Vor allem viele Männer können ihre Liebe nicht öffentlich zeigen, die meisten halten sich zurück, auch in Zürich sieht man selten Männer Hand in Hand. Eine Schwulenkreuzfahrt kann deshalb sehr befreiend sein.

Die Welt: Diese „Gay Cruises“, auf Kreuzfahrt mit Tausenden Schwulen, werden gern als Bumsschiffe bezeichnet. Trifft das zu?

Uebelhart: Erotik ist unbestritten ein Thema, und es gibt sicher eine Kundschaft, die deswegen bucht. Ich weiß aber auch von monogamen Paaren, die eine Woche Fun mit Gleichgesinnten haben wollen.

Die Welt: Sie werben für die erste deutschsprachige Kreuzfahrt „für die Gay-Community und deren Freunde“. Keine Angst vor Gaffern?

Uebelhart: Nein, meistens sind diese Freunde an Schwulenpartys gewöhnt. Die Frauen schätzen es, dass sie in Ruhe gelassen werden, und die Heteromänner, die solche Partys besuchen, sind so entspannt, dass sie nicht gleich ausflippen, wenn ihnen jemand an den Hintern langt.

Die Welt: Was muss ein Hotel erfüllen, damit es den Stempel „gay-friendly“ bekommt?

Uebelhart: Vor allem müssen die Mitarbeiter geschult sein, sodass Schwule beim Einchecken nicht schräg angeschaut werden und nicht gekichert wird, wenn sich zwei Männer in der Lobby küssen. Und natürlich muss ohne Diskussion ein Kingsize-Bett gebucht werden können.

Die Welt: Wo verbringen Gays ihren Honeymoon?

Homosexuelle Ehepaare turteln am liebsten auf Mauritius
Homosexuelle Ehepaare turteln am liebsten auf Mauritius
Quelle: De Agostini/Getty Images/De Agostini Editorial

Uebelhart: Eindeutig auf Mauritius, egal, ob schwul oder lesbisch. Die Resorts auf Mauritius geben als einzige Hotels weltweit auch Gay-Paaren einen Hochzeitsrabatt.

Die Welt: Laut einer US-Umfrage geben homosexuelle Hotelgäste im Schnitt über die Hälfte mehr Geld aus als Heteros. Sind nur fünf Sterne gut genug?

Uebelhart: Absolut nicht, die meisten Gay-Hotels haben drei oder vier Sterne. Schwule Paare sind meist Doppelverdiener, oft in guten Positionen, ohne Kinder. Solche Paare haben mehr Geld für Ferien zur Verfügung, verreisen mehrmals im Jahr.

Die Welt: Schwule stehen nicht so auf Wanderferien?

Uebelhart: Sie meinen Nacktwandern im Appenzell? (lacht) Ich habe viele schwule Freunde, die wandern. Ich würde mal sagen, 80 Prozent der Schwulen führen ein ganz normales Leben, sie fallen nicht auf.

Die Welt: Welcher Trend zeichnet sich im Gay-Reisemarkt ab?

Uebelhart: Junge Schwule sind auch in den Ferien vermehrt mit Heterofreunden unterwegs. Die Zeit der Gettoisierung scheint für den Moment wohl vorbei zu sein.

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