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China Börsenkurse rutschen trotz Intervention der Regierung weiter ab

Die Angst vor einem Börsencrash in China ist groß. Die Regierung in Peking will die Märkte stützen - doch bislang geht die staatliche Intervention ins Leere. Experten fordern bereits ein Ende der Eingriffe.
Handelsraum in Peking: Zahlreiche Aktien aus Handel genommen

Handelsraum in Peking: Zahlreiche Aktien aus Handel genommen

Foto: KIM KYUNG-HOON/ REUTERS

Obwohl die Regierung in Peking energisch mit staatlichen Interventionen gegen die seit Tagen anhaltende Talfahrt der Aktienmärkte vorgeht, sind die Börsen in China heute erneut tief ins Minus gerutscht. Um weitere Kursverluste zu verhindern, wurden zahlreiche Aktien vom Handel ausgenommen.

Die kommunistische Führung in Peking fürchtet, dass sich ein Börsencrash auf die Stabilität des Landes auswirken könnte und versucht gegenzusteuern. In den vergangenen drei Wochen stürzten die Börsen in China um mehr als 30 Prozent ab, nach einem langen Aktienboom. Trotz der jüngsten Talfahrt steht der Leitindex der 300 wichtigsten Werte des Landes an der Börse in Shanghai aber immer noch 80 Prozent höher als vor einem Jahr.

Das Kabinett hatte am Wochenende in einer Krisensitzung mehrere Eingriffe beschlossen. Neue Börsengänge wurden vorerst ausgesetzt und die Liquidität stark ausgeweitet. Die großen Wertpapierhäuser versprachen, mindestens 120 Milliarden Yuan, umgerechnet 17,5 Milliarden Euro, für langfristige Aktienkäufe auszugeben, um den Markt zu stabilisieren. Auch kündigte die Zentralbank an, den Wertpapierhändlern beim Aktienkauf auf Pump massiv unter die Arme greifen zu wollen.

Zunächst hatte es so ausgesehen, als ob das Eingreifen der Regierung Entspannung gebracht hätte. Der Shanghai Composite Index und der Shenzhen Component Index, der die Aktien vieler Technologieunternehmen enthält, hatten am Montag zur Eröffnung um mehr als sieben Prozent gewonnen.

Doch die Wirkung der staatlichen Intervention schien am Dienstag laut Analysten bereits verpufft zu sein, obwohl auch Wertpapierhändler und Investmentfonds zu längerfristigen Aktienkäufen verpflichtet wurden. Der Shanghai Composite Index schloss um 1,29 Prozent tiefer bei 3727,13 Punkten. Der Shenzhen Component Index, der die Aktien vieler Technologieunternehmen enthält, verlor 5,8 Prozent auf 1137,6 Punkte.

"Ich hoffe, dass die Regierung nicht noch weitere Maßnahmen beschließen wird. Sie hat schon viel versucht, aber die Märkte haben sich davon kaum beeindrucken lassen", sagte der Pekinger Ökonomieprofessor Hu Xingdou. "Wir sollten lieber die Standards auf unseren Kapitalmärkten verbessern und das Vertrauen in langfristige Investitionen stärken, statt die kurzfristige Spekulation weiter zu befeuern", sagte Hu.

745 Unternehmen und damit 26 Prozent der an Chinas Börsen gelisteten Werte, haben sich mittlerweile vom Handel aussetzen lassen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. So wollen sie weitere Kursverluste verhindern.

Seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise 2008 habe die Regierung nicht mehr so weit eingegriffen, um einen freien Fall zu verhindern, schrieben Staatsmedien - auch mit Blick auf die Zinssenkung vor einer Woche, die allerdings auch schon wenig gebracht hatte.

Hintergrund des Kursrutschs ist der spekulative Boom an den chinesischen Börsen, der auch durch sogenanntes Margin-Trading, also auf Kredit finanzierte Aktienkäufe, angeheizt wurde. Da sich gleichzeitig das Wirtschaftswachstum verlangsamt, hatten Experten schon lange vor dem Platzen der Blase gewarnt.

Nach dem Boom des vergangenen Jahres hatten Analysten schon länger mit einem Abschwung an den Börsen gerechnet. Die Marktkorrektur der vergangenen Wochen sollte als "Warnung" verstanden werden, schrieb die australische ANZ Bank in einem Bericht.

brk/dpa