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Volksentscheid Mehrheit der Iren stimmt für die Homo-Ehe

Das Land ist erzkatholisch, die Chancen des Referendums wurden skeptisch gesehen. Jetzt ist die Freude umso größer: Ganz klar hat sich die Bevölkerung Irlands für die Legalisierung der Homo-Ehe ausgesprochen. Die Gegner räumen bereits ihre Niederlage ein.
Volksentscheid: Mehrheit der Iren stimmt für die Homo-Ehe

Volksentscheid: Mehrheit der Iren stimmt für die Homo-Ehe

Foto: Peter Morrison/ AP/dpa

"Die Boxen mit den Stimmzetteln sind geöffnet, es ist ein Ja", jubelt der für Gleichstellung zuständige irische Staatssekretär Aodhán Ó Ríordáin im Kurznachrichtendienst Twitter.

Er sei heute so stolz, Ire zu sein, schreibt er. Der Tweet ist mit einer pinkfarbenen Blümchentapete hinterlegt. "Ich glaube, die Abstimmung ist gewonnen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters in der Wahlzentrale in Dublin.

Die Iren haben über die Einführung der Homo-Ehe abgestimmt, politischen Beobachtern beider Seiten zufolge dürften die Befürworter deutlich siegen. Regierungsvertreter rechneten am Samstagvormittag mit einer Wahlbeteiligung von mehr als 65 Prozent. Vor allem junge Wähler waren teilweise aus dem Ausland in ihre irische Heimat zurückgereist, um von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Laut den Berichten der Beobachter hätten alle bislang durchgeführten Auszählungen Mehrheiten zugunsten der Homo-Ehe ergeben - sowohl in Dublin als auch in den als konservativer geltenden ländlichen Regionen. Erste Ergebnisse zeigen einen Vorsprung des "Ja"-Lagers im Verhältnis zum "Nein"-Lager von etwa 2:1.

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Volksabstimmung zur Homo-Ehe: Yes, we can marry!

Foto: Peter Morrison/ AP/dpa

"Das ist ein großer Tag für Irland", sagte Gesundheitsminister Leo Varadkar. Er hatte erst im Januar seine eigene Homosexualität öffentlich gemacht. "Für mich persönlich ist das nicht nur ein Referendum, sondern eine soziale Revolution." Bis 1993 waren gleichgeschlechtliche Beziehungen in Irland noch strafbar.

"Glückwunsch an die Ja-Seite!"

Die Gegner einer Legalisierung der Homo-Ehe in Irland haben bereits kurz nach Beginn der Stimmenauszählung ihre Niederlage bei dem nationalen Referendum eingeräumt. Es gebe offensichtlich einen "sehr beeindruckenden Sieg" der Befürworter der Homo-Ehe, sagte einer der Anführer der Nein-Kampagne, David Quinn vom katholisch orientierten Institut Iona, dem irischen Sender RTE.

"Glückwunsch an die Ja-Seite. Gut gemacht", gratulierte Quinn. Führende Mitglieder des Nein-Lagers sagen, die einzige Frage, die bleibe, sei, wie hoch der Sieg des Ja-Lagers ausfallen werde.

Mit ersten Ergebnissen wird ab Mittag gerechnet, mit einem belastbaren landesweiten Resultat aber nicht vor dem Nachmittag. Die Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen würde für das streng katholische Land einen Zeitenwandel bedeuten. Irland wäre die erste Nation, die Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare per Volksentscheid einführt. In Kroatien hatten sich die Bürger im Dezember 2013 in einem Referendum für ein Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe ausgesprochen.

Seit vier Jahren können Schwule und Lesben ihre Partnerschaften zwar eintragen lassen, eine wirkliche Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren blieb ihnen aber verwehrt. Bei einem Sieg der Befürworter müsste die irische Verfassung geändert werden. Bisher stand in Irland homosexuellen Paaren - ähnlich wie in Deutschland - nur die Möglichkeit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft offen.

Ministerpräsident Enda Kenny hatte wie alle großen Parteien für die Homo-Ehe geworben. Die Volksbefragung bestimme das künftige Bild des Landes und berühre Fragen von "Toleranz", "Respekt", "Verständnis" und "Sensibilität". Die katholische Kirche lief Sturm. Doch mehrere Skandale um Kindesmissbrauch haben den Einfluss der einst in Irland übermächtigen Institution schwinden lassen.

Anmerkung d. Red.: In einer früheren Überschrift des Artikels hieß es, Irland sei das erste Land in Europa, das die Homo-Ehe zulässt. Das ist falsch. Irland wäre die erste Nation, die Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare per Volksentscheid einführt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

bos/AFP/dpa/Reuters