In Berlin misst der Denkmalschutz bei Investoren und Privatmenschen mit zweierlei Maß. Ein Kommentar von Carolin Brühl.

Wer eine denkmalgeschützte Immobilie besitzt, weiß, wie schwierig oder gar unmöglich es ist, bauliche Veränderungen vorzunehmen. Sei es ein Dachausbau, die Streifen der Markise oder die Art der Fenster: die Berliner Denkmalämter achten akribisch darauf, dass sich private Bauherrn keine gestalterischen Freiheiten herausnehmen. Wer etwas tut, was der Historie des Bauwerks abträglich ist, muss mit Strafe rechnen.

Ganz anders verhält es sich mit dem Denkmalschutz im öffentlichen Bereich. Vieles von dem, was die Berliner als identitätsstiftende Leuchttürme kennen, verschwindet aus dem Stadtbild oder wird durch Neubauten verdeckt. Früher konnte jeder, der am Bahnhof Zoo ankam, die Gedächtniskirche sehen. Jetzt lugt das Wahrzeichen der City West nur noch schüchtern zwischen den Türmen des Upper West und des Waldorf Astoria hervor. Die Friedrichswerdersche Kirche weist zahlreiche Risse auf und muss massiv abgestützt werden. Ein Neubau von Luxuswohnungen hat den Grund des neogotischen Schinkelbaus ins Wanken gebracht. Beispiele, die deutlich machen, dass die bewahrende Funktion des Denkmalschutzes allzu rasch nach hinten gestellt wird, wenn es gilt, Investoren bei Laune zu halten.

Luxuswohnungen im Garten von Bellevue

Zu hören ist die Stimme des obersten städtischen Konservators, Professor Dr. Jörg Haspel, schon lange nicht mehr, wenn es darum geht, Schäden von den Kleinodien der Stadt abzuwenden. Dem RBB sagte Haspel im Januar, eine Baustelle zu verhindern, sei nicht seine Aufgabe. Der Tiger Denkmalschutz ist offenbar inzwischen völlig zahnlos. Jüngstes Beispiel für die Sprachlosigkeit des Landesdenkmalamtes ist der WOGA-Komplex am oberen Kurfürstendamm. Erich Mendelsohns einzigartiges Erbe steht als Ganzes unter Denkmalschutz. Doch nun will ein britischer Investor den Innenhof bebauen. Der Baustadtrat begrüßt das sogar. Doch auch hier kein Aufschrei aus dem Hause Haspel.

Sicher ist Denkmalschutz immer auch eine Frage der Abwägung und sicher sollte die Entwicklung einer Stadt nicht zum Stillstand kommen, weil Veränderung unmöglich gemacht wird. Aber wo ist die Grenze zu ziehen? Dann vielleicht, wenn im Garten von Schloss Bellevue Luxuswohnungen gebaut werden sollen.