Politik

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Freistaat hakt es, klagen Oppositionspolitiker. (Foto: dpa)

27.05.2016

Durchwachsene Erfolgsstory

Was hat sich getan in Bayerns Wirtschaftspolitik seit Beginn der Legislaturperiode? Eine kleine Zwischenbilanz

Wer über die wirtschaftliche Lage in Bayern spricht und sich beschwert, tut dies seit langer Zeit auf sehr hohem Niveau. Bayern gehört zu den wirtschaftlich stärksten Regionen Europas. Fragen lässt sich deshalb allenfalls, ob die Staatsregierung mit der notwendigen Geschwindigkeit in die richtige Richtung steuert, um den Wohlstand mindestens zu halten. Meistens fallen hier richtige Entscheidungen. Aber dass der Freistaat zum Beispiel im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends viel zu spät auf den Ausbau des schnellen Internets gesetzt hat, darunter leiden ländliche Regionen bis heute. Wie sehen die Weichenstellungen in diesen Tagen aus? Die Hälfte der Legislaturperiode ist bereits verstrichen. Hört man sich um im Freistaat, fällt die Zwischenbilanz gemischt aus. Annette Karl, wirtschaftpolitische Sprecherin der Landtags-SPD, begrüßt etwa die Initiative „Bayern Digital“, die die Digitalisierung im Freistaat begleiten soll. Doch hake es „ bei der Aufsplittung der Zuständigkeiten zwischen den Ministerien“, klagt Karl – wie etwa zwischen dem Finanz- und Wirtschaftsministerium. „So geraten wichtige Zukunftsthemen unter die Räder im Ministerpräsidentenwettbewerb, anstatt eine einzige abgestimmte Strategie zu entwerfen. Insgesamt gibt es viel zu viele Pläne, Strategien, Konzepte, die zwar groß verkündet, aber selten umgesetzt werden“, bilanziert die SPD-Frau.

Die Energiewende lässt auf sich warten

Dies sieht der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) ähnlich: „Seit 2013 hat es kein großes ressortübergreifendes Projekt der Staatsregierung mehr gegeben. Bei der Mindestlohnumsetzung, Werkverträgen und Erbschaftsteuer wird der Mittelstand im Stich gelassen. Die CSU gibt in Bayern den Löwen und schnurrt in Berlin als Kätzchen.“ Auch Thorsten Glauber, wirtschaftspolitischer Sprecher der Freien-Wähler-Landtagsfraktion, ist unzufrieden: „Bayern hat großen Nachholbedarf in der regionalen Wirtschaftsförderung.“ Der Freistaat verfüge seit 2008 über rund 30 Prozent mehr Steuereinnahmen, „hat aber bei der Wirtschaftsförderung rückläufige Zahlen“. Ähnlich verhalte es sich beim Ausbau der erneuerbaren Energien: „Leider hat die Staatsregierung seit dem Unglück von Fukushima die Energiewende weder als Jobmotor noch als Wirtschaftssektor erkannt.“ Zufriedener als parlamentarische und außerparlamentarische Oppositionspolitiker gibt sich die Wirtschaft. „Bei Zeitarbeit und Werkverträgen ist dank des Einsatzes der bayerischen Staatsregierung ein tragfähiger Kompromiss gelungen, der die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu sehr einschränkt“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Bei der Rente mit 63 hingegen sei es der Staatsregierung „leider nicht gelungen, Belastungen für die Unternehmen und nachfolgende Generationen zu verhindern“. In der Energiepolitik ist laut Brossardt „die Versorgungssicherheit gewährleistet, den fortgesetzten Strompreisanstieg sehen wir allerdings mit großer Sorge“. Martin Schoeller, bayerischer Landesvorsitzender von „Die Familienunternehmer“, fordert beim Thema Energie „mehr Reformanstrengungen“. Bayern solle „in den Standortwettbewerb gehen und positiv auf die Ansiedlung und den Erhalt von Betrieben einwirken“. Stromkosten seien für zahlreiche energieintensive Betriebe des Mittelstands ein entscheidender Standortfaktor. Auf einer Pressekonferenz Mitte Mai hat sich Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) selbst zu ihrer Halbzeitbilanz geäußert. Was Energiefragen angeht, verwies sie auf die energetische Gebäudesanierung. Sie nannte Anstrengungen ihres Hauses, nicht nur die richtigen Technologien in Bayern zu entwickeln, sondern innovative Produkte danach auch im Freistaat produzieren zu können. Sie sprach über 360 Millionen Euro für Technologieförderung im Doppelhaushalt 2015/16 und über verbesserte Bedingungen für Gründer in Bayern. Sie kündigte an, Bayerns Netz an Auslandsrepräsentanzen im Nahen Osten auszubauen, sich weiter um Digitalisierung und Mittelstand zu kümmern, Elektromobilität voranzutreiben, die mobilen Datennetze zu verbessern und mehr für den ländlichen Raum zu tun. Ihr nächstes konkretes Projekt sind „Alpengespräche“, um auf der anstehenden Kabinettsklausur in St. Quirin erste Eckpunkte einer Alpenstrategie vorzulegen, die beides könne: „Bewahren und Bewegen“. Das hört sich alles gut an. Nach einem großen ressortübergreifenden Konzept klingt es aber tatsächlich nicht. (Jan Dermietzel)

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