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Prämierte Absageschreiben Brennen Sie eigentlich für unser Unternehmen?

Eine Absage enttäuscht Bewerber immer, eine schlecht geschriebene kann ein Schlag ins Gesicht sein. Nun sind die besten Abfuhren prämiert worden.
Von Laura Engels
Boxerin: Ablehnung kann man auch freundlicher deutlich machen

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Foto: Corbis

Absagen, es hagelt Absagen: 40 Bewerbungen hat Tilmann Waldkirch (Name geändert) seit Juli geschrieben und schon 30 Abfuhren kassiert. Und natürlich fragt er sich jedes Mal: "Habe ich vielleicht selber was verbockt?"

Täglich scannt der 29-jährige Betriebswirt seine Mails nach dem Wort "leider". Springt es ihm ins Auge, überfliegt er den Rest und schiebt alles in den Papierkorb. Doch langsam wird die Zeit knapp. Vier Jahre hat er als Makler gearbeitet. Jetzt will er sich verändern und hat gekündigt. Ab 1. Januar braucht er einen neuen Job.

Doch wie finden, wenn die Personaler seine Anschreiben immer wieder aussortieren? Früher gaben viele Firmen Auskunft, wenn jemand nachhakte. Das war vor dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Heute empfehlen Juristen Arbeitgebern, Absagen gar nicht mehr zu erläutern. Um keine Klage zu riskieren, verschicken diese deshalb lieber unverfängliche Drei- oder Vierzeiler: "Vielen Dank für Ihr Interesse, aber…"

Ob freundlich oder förmlich - enttäuscht ist Tilmann Waldkirch nach einer Absage so oder so, vor allem, wenn er kein Feedback bekommt. Nur einmal war es anders. Beim Aussortieren der Mails blieb er an einem Schreiben der "buw Holding GmbH" hängen. Die Beratungsfirma machte ihm ein Angebot: "Wenn Sie ein ausführliches Feedback wünschen, können Sie sich selbstverständlich bei uns melden. Wir stehen gerne für ein Gespräch zur Verfügung."

Diese zwei Sätze haben auch die Jury von "Jobware" und "Kienbaum Communications" so beeindruckt, dass sie "buw-Holding" zum Gewinner des Wettbewerbs "Beste Absageschreiben 2014" kürte.

"Wer einen Korb verteilt, kann das auch mit Charme tun"

Die Beraterfirma prämierte darüber hinaus noch weitere Mutmach-Schreiben. Zum Beispiel einen Brief, den die ambulanten dienste e.V. in Berlin verschickten. Es war eine Absage inklusive Trost: "Lassen Sie den Kopf nicht hängen." Die Mahle Group in Stuttgart macht abgelehnten Bewerbern Mut: "Wir sind sicher, dass Sie bald an anderer Stelle in die Berufswelt einsteigen werden." Auch für Kritik gab es Lob: "Ich empfehle Ihnen darüber hinaus, die Zeichenabstände bei Auflistungen zu minimieren", riet ein Preisträger einem Berufsanfänger, der eine schludrige Bewerbung geschickt hatte, und fragte außerdem nach: "Brennen Sie eigentlich für das Unternehmen, für das Sie sich bewerben?"

"Wer einen Korb verteilt, kann das auch mit Charme tun", sagt Bewerbungscoach und Buchautor Jürgen Hesse. Er schätzt, dass Bewerber in 50 Prozent der Fälle nie eine Rückmeldung erhalten. Und wenn doch, dann grenzen viele an Unverschämtheit, sagt Hesse, der jährlich Hunderte Klienten berät.

"Es tut uns leid, Sie enttäuschen zu müssen"

Eben solche unverschämten Absagen hatte auch Personalreferentin Stefanie Link im Hinterkopf, als sie vor vier Jahren die Bewerber-Korrespondenz der "buw-Holding GmbH" überarbeitete. Sie nahm sich vor: "So will ich es nicht machen." Und schreibt heute: "Sie haben mit Ihrer Bewerbung Erwartungen und Hoffnungen verbunden. Umso schwieriger ist es deshalb für uns, diese heute enttäuschen zu müssen."

Vor wenigen Tagen hat Tilmann Waldkirch mit Personalerin Link sein Feedback-Gespräch geführt und sagt heute froh: "Jetzt kann ich nachvollziehen, warum es nicht geklappt hat."

Laura Engels (Jahrgang 1983) hat nach ihrem Studium volontiert und als Redakteurin gearbeitet. Jetzt schreibt sie als freie Journalistin aus dem Ruhrgebiet vor allem über Themen aus Kultur und Gesellschaft.Journalistin Laura Engels: engels-presse.de