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  4. Hamas: Die Islamisten herrschen immer brutaler in Gaza

Ausland Folter der Hamas

An den Füßen aufgehängt und mit Säure überschüttet

Die Hamas läuft schwer bewaffnet durch Gaza-Stadt Die Hamas läuft schwer bewaffnet durch Gaza-Stadt
Die Hamas läuft schwer bewaffnet durch Gaza-Stadt
Quelle: AP
Viele Palästinenser starben im Krieg 2014 nicht bei israelischen Angriffen, sondern durch die Folter der Hamas. Das zeigt ein Bericht von Amnesty International. Die Islamisten herrschen immer brutaler.

Atta Nadschars Leiche schien ungewöhnlich schwer. Sein Bruder, der im August 2014 ins Schifa-Krankenhaus in Gaza gerufen worden war, um den Toten abzuholen, wunderte sich: „Es war, als ob man Fleisch in eine Tüte gesteckt hätte, ohne Knochen.“ Später fand der Mann heraus, weshalb die Leiche sich so eigenartig anfühlte: „Alle Knochen waren zertrümmert. Sie hatten sie im Gefängnis gebrochen“, zitiert ihn ein neuer Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI).

Seit 2009 saß der geistig gestörte ehemalige Polizist eine 15 Jahre lange Haftstrafe wegen „Kollaboration“ mit Israel ab. Am 22. August genügte das der radikal-islamischen Hamas nicht mehr. Nach dem Tod dreier ihrer Anführer durch einen israelischen Luftangriff sann sie auf Rache. Mitten im 50 Tage langen Krieg gegen Israel zerrten Mitglieder ihres Sicherheitsdiensts Nadschar aus seiner Zelle, folterten und ermordeten ihn. „Seine Leiche war mit etwa 30 Kugeln durchlöchert. Seine Arme und Beine waren gebrochen, er hatte Messerspuren rund um den Hals“, berichtet Nadschars Bruder im rund 40 Seiten langen Report, der die Schreckensherrschaft der Islamisten dokumentiert.

Nadschar war vergangenen Sommer nicht das einzige Opfer islamistischer Willkür: Zig Palästinenser wurden ermordet, Hunderte gefoltert. Die Hamas habe „die Gelegenheit ausgeschlachtet, skrupellos alte Rechnungen zu begleichen“, sagt Philip Luther, ein Direktor bei Amnesty. Sie habe ihren Sicherheitskräften „freien Lauf gelassen, um fürchterliche Verbrechen zu begehen. Mit diesen haarsträubenden Handlungen, die in manchen Fällen Kriegsverbrechen darstellen, wollte sie Rache üben und Angst verbreiten“, so Luther.

Häftlinge wurden mit heißen Eisen und Schlägen traktiert

Der AI-Bericht beschäftigt sich hauptsächlich mit der Operation „Erdrosselte Hälse“ der Hamas. Die genaue Zahl der Opfer ist unbekannt. Amnesty dokumentiert die öffentliche Hinrichtung von mindestens 23 Palästinensern und die Folter von Dutzenden, denen man Verrat vorwarf. Dabei konnten die Opfer den Israelis während der Kampfhandlungen gar keine Informationen zuspielen, handelte es sich doch zumeist um Häftlinge, die lange vor Kriegsausbruch verurteilt oder angeklagt worden waren und keinen Kontakt zur Außenwelt hatten.

Wie „The Green Prince“ zum Terroristen wurde

Mosab Hassan kämpft schon als junger Mensch für die Hamas gegen Israel. Der deutsch-israelisch-britische Dokumentarfilm blickt auf beeindruckende Weise in die Seele des hochrangigen Terroristen.

Quelle: Moviemaze

Dennoch erschoss die Hamas am 5. August 2014 fünf Insassen des Katiba-Gefängnisses. Zwei Wochen später zerrten zig vermummte Kämpfer sechs gefesselte Männer vor die Omari-Moschee in Gaza. Die knienden Opfer wurden mit Maschinenpistolen durchlöchert und als abschreckendes Beispiel vor dem Gebetshaus liegen gelassen.

Zudem verdonnerte der Inlandsgeheimdienst der Hamas Anhänger der rivalisierenden Partei Fatah zu Hausarrest oder verschleppte und folterte sie. Das belegt die Geschichte eines Mannes, den AI „MS“ nennt: Nachdem Geheimdienstler ihn in ein Auto gezerrt und ihm eine Augenbinde angelegt hatten, brachten sie ihn ins Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt. Dort sollen Hunderte in einem verlassenen Klinikgebäude festgehalten, verhört und misshandelt worden sein. Damit bestätigt AI Anschuldigungen Israels über den Missbrauch von Schulen, Krankenhäusern und UN-Einrichtungen durch die Islamisten.

MS wurde an den Füßen aufgehängt, in dieser Stellung stundenlang mit Metallstäben geschlagen und mit Säure überschüttet. Andere Häftlinge wurden mit heißen Eisen, Schlägen und Feuer traktiert. Mindestens drei Personen sind in Hamas-Haft gestorben, ein Mensch bleibt verschollen. Selbst ehemalige Hamas-Führer waren vor ihren eigenen Kader nicht gefeit. Am 4. August wurde eine Leiche mit Schusswunden in Kopf und Brust vor das Schifa-Krankenhaus geworfen.

Selbst neun Monate nach dem Ende des letzten Gaza-Krieges wurde noch kein Hamas-Mitglied zur Rechenschaft gezogen
Selbst neun Monate nach dem Ende des letzten Gaza-Krieges wurde noch kein Hamas-Mitglied zur Rechenschaft gezogen
Quelle: AP

Es handelte sich um Ayman Taha, der Sohn eines Gründers der Hamas. Er war im Januar 2014 wegen Korruptionsverdacht in Ungnade gefallen. Eine Stunde später holten Bewaffnete die Leiche wieder ab, nur um sie drei Tage später wieder ins Spital zu bringen. Ein Kommuniqué der Hamas erklärte ihn nun zum Opfer eines israelischen Luftangriffes.

Die palästinensische Führung bezog zu den Vorfällen nicht Stellung. Auch neun Monate nach Kriegsende sei keine einzige Person zur Rechenschaft gezogen worden, was „darauf hindeutet, dass diese Verbrechen von den Behörden entweder angeordnet oder geduldet wurden“, so AI. Dabei handele es sich um eindeutige Kriegsverbrechen. Für die Palästinenser ist das problematisch: Unlängst traten sie dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag bei und baten, die Ereignisse vom vergangenen Sommer zu untersuchen, um Israel zu brüskieren.

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Doch angesichts der Tatenlosigkeit palästinensischer Behörden fallen nun auch die Verbrechen der Hamas in die Jurisdiktion des IStGH. Die Islamisten geben sich unbeeindruckt. Ihr Sprecher Fausi Barhum verwarf den AI-Bericht als „unprofessionell und unglaubwürdig“. Derweil leiden die Bewohner Gazas noch immer unter den Folgen des Krieges. Tausende bleiben obdachlos, weil der Wiederaufbau hakt. Laut einem Bericht der Weltbank trafen bislang nur ein Viertel der Hilfsgelder ein, die vergangenen Herbst zugesagt wurden.

Während Europäer und die USA ihre Verpflichtungen erfüllen, hat die Türkei statt der versprochenen 200 Millionen bislang nur 500.000 Dollar überwiesen. Saudi-Arabien zahlte nicht einmal zehn Prozent der zugesagten 500 Millionen Dollar, Katar von einer Milliarde nur 100 Millionen, Kuwait keinen Cent. So steht der Landstrich kurz vor dem Kollaps. Vergangene Woche erzielte er einen traurigen Rekord: Von den rund 1,8 Millionen Bewohnern sind 43 Prozent arbeitslos – mehr als an jedem anderen Ort der Welt.

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