Michael Häupl zieht sich Ende Jänner zurück. Davor will er noch einmal wahlkämpfen.

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Wien – Der Countdown läuft: Der Wiener SPÖ-Chef, Bürgermeister Michael Häupl, wird Anfang kommenden Jahres das Zepter übergeben. Im Interview mit der APA hat er nun verraten: "Wir werden Ende Jänner 2018 einen Landesparteitag abhalten, wo wir einen neuen Parteivorsitzenden wählen." Spekulationen darüber, wer dies sein könnte, lehnt Häupl derzeit kategorisch ab.

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"Mitten im Wahlkampf über einen Nachfolger zu diskutieren, kann ich ja wohl schwer jemanden anempfehlen. Jedenfalls wenn er betroffen ist", sagte der Bürgermeister – der auf einen harmonischen Wechsel hofft. Dass mehrere Kandidaten beim Parteitag antreten, sei "nicht unbedingt wünschenswert", stellte er klar. Zusatz: "Aber es ist auch kein Beinbruch."

"Beitrag für die Nationalratswahl"

Kandidaten können sich im Parteivorstand bei der zuständigen Wahlkommission bewerben. Im Vorstand soll dann auch die Entscheidung fallen. Die internen Querelen in der roten Stadtpartei sind laut Häupl derzeit jedenfalls kein Thema mehr: "Momentan konzentrieren wir uns sehr darauf, einen ordentlichen und akzeptablen Beitrag für die Nationalratswahl zu leisten."

Danach werde man weitersehen: "Schau ma. Man soll ja die psychologische Auswirkung eines gemeinsamen Schulter-An-Schulter-Kampfs nicht unterschätzen." Nach seinem Abschied will er der Politik jedenfalls den Rücken kehren, schwor er. Gerne würde er hingegen in Fragen der Wissenschaftsorganisation beraten oder auch junge Forscher unterstützen: "Wenn man mich da brauchen kann, mach ich sicher das eine oder andere gern. Es muss ja nicht immer alles so hektisch sein, wie es jetzt ist."

Vorfreude auf den Wahlkampf

Bezüglich der Nationalratswahl versprüht Häupl Zuversicht: Die SPÖ habe den Kampf um den ersten Platz bei der kommenden Nationalratswahl noch nicht verloren. Er freue sich durchaus auf den bevorstehenden Wahlkampf: "Ja, ich mach das eigentlich ganz gerne." Eine sehr hohe intellektuelle Erwartungshaltung habe er an Wahlkämpfe jedoch nicht: "Aber du meine Güte, es ist so. Ich persönlich empfinde Wahlkampf immer als eine gewisse Herausforderung."

Dass die SPÖ nicht sehr erfolgreich in den Wahlkampf gestartet ist, will er so nicht stehen lassen: "Ich habe diesen Eindruck höchst eingeschränkt. Was ich eher höchst merkwürdig finde, ist, dass man wirklich läppische Dinge wie Auseinandersetzungen zwischen Büromitarbeitern oder auch die sogenannte Silberstein-Affäre zu Staatsaffären hochstilisiert. Das hat keinen Einfluss auf die Zukunft unseres Landes."

"Alter Sebastian Kurz"

Wichtiger seien Fragen der Wirtschaftsentwicklung, der Investitionen, der Forschung, des Arbeitsmarkts, der Gesundheit oder der Bildung. Darüber würde er gerne mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz reden: "Ich wünsche mir, dass sich der Herr Außenminister auch dieser Diskussion stellt und sich nicht verweigert wie bisher." Dass dieser in Umfragen vor den Sozialdemokraten liegt, beunruhigt Häupl "gar nicht", wie er beteuerte: "Wir haben schon größere Rückstände aufgeholt."

Dass Kurz eine "gewisse öffentliche Wirkung" gebracht habe, verhehlte der Bürgermeister nicht. Eine neue Bewegung könne er jedoch nicht erkennen: "Alles, was er bisher von sich gegeben hat, ist alter Sebastian Kurz." Häupl verwies etwa auf die Forderung nach Schließung der Mittelmeerroute: "Als ob ihm da jemals jemand widersprochen hätte. Soll er's tun, wenn er kann." Die SPÖ jedenfalls wolle sich für die eigene Partei nicht genieren. Gerade in krisenhaften Zeiten sei die Sozialdemokratie gefragt.

"Wir wollen Menschen Angst nehmen"

ÖVP-Chef Kurz spiele hingegen mit dem Thema Migration, das von ihm missbraucht werde. Damit erzeuge er Verunsicherung: "Wir hingegen wollen Menschen Angst nehmen." Die SPÖ wolle Leuten helfen, auch wenn man gleichzeitig wissen möchte, wer "ins Wohnzimmer" komme – also wer die Grenze übertrete. Dies mache etwa auch Deutschland.

Kurz werde sich auch der Verantwortung stellen müssen, falls sich im Rahmen der derzeit laufenden Prüfung herausstelle, dass die Studie zu den Islam-Kindergärten umgeschrieben worden sei, sagte Häupl. Bisher habe er es sehr erfolgreich geschafft, damit nicht unmittelbar in Verbindung gebracht zu werden. Denn inhaltlich habe Kurz noch nicht dazu Stellung genommen, sondern sich nur auf den Studienautor ausgeredet: "Ich halte das für vollkommen absurd. Wenn man so etwas macht, weil es politisch opportun erscheint, dass man eine solche Studie so ändert, wie man es braucht, dann soll man auch dazu stehen."

FPÖ "rassistisch und ausländerfeindlich"

Ob Kurz bei einem sehr kritischen Ergebnis der von der Universität Wien initiierten Prüfung noch kanzlerfähig sei, darüber wollte Häupl vorerst nicht spekulieren – genausowenig wie über Koalitionen: "Wir arbeiten ganz hart daran, dass die SPÖ Erster ist, über alles andere reden wir später." Wobei das Stadtoberhaupt einmal mehr hervorhob, dass es aus seiner Sicht mit den Freiheitlichen kaum eine genügend inhaltliche Schnittmenge gebe, "selbst wenn ich jetzt den verzweifelten Versuch vom Herrn Parteivorsitzenden (Heinz-Christian, Anm.) Strache sehe, den Begriff Fairness für die FPÖ zu requirieren".

Dieser Begriff laufe bei den Blauen wieder auf den alten Slogan "Österreicher zuerst" hinaus, also etwa auf Sozialabbau bei anerkannten Flüchtlingen. Häupl wertete dies als "rassistisch und ausländerfeindlich". Und nur eine Koalition mit der FPÖ einzugehen, um Schwarz-Blau zu verhindern, sei ein zu hoher Preis, befand der Bürgermeister.

Häupl ist seit 1993 Parteivorsitzender, ein Jahr später wurde er nach dem Rücktritt von Helmut Zilk zum Bürgermeister gewählt. Wer Häupls Erbe antritt, ist noch offen: Vorerst hat sich nur Wohnbaustadtrat Michael Ludwig offen als Kandidat für die Nachfolge ins Spiel gebracht. Ambitionen wurden zuletzt auch dem SPÖ-Klubobmann im Parlament, Andreas Schieder, nachgesagt. (APA, 27.8.2017)