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Freihandelsabkommen Gabriel stemmt sich gegen TTIP-Schlappe

Sigmar Gabriel reagiert auf den parteiinternen Protest an seinem TTIP-Kurs: Der SPD-Chef stellt den Gegnern kritische Verhandlungen über das Freihandelsabkommen in Aussicht. Doch weitere Sozialdemokraten stellen sich quer.
SPD-Chef Gabriel: Parteiinterne Kritik am TTIP

SPD-Chef Gabriel: Parteiinterne Kritik am TTIP

Foto: AP/dpa

Berlin - SPD-Chef Sigmar Gabriel will mit einem kritischen Diskussionsprozess über das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA (TTIP) parteiinterne Kritiker einfangen. "Für mich ist es entscheidend, dass ein Freihandelsabkommen nicht nur der Wirtschaft, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern nutzen muss - und da spielen die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer natürlich eine zentrale Rolle", sagte der Bundeswirtschaftsminister der Deutschen Presse-Agentur.

Gabriel reagiert damit auf Stimmen aus den eigenen Reihen, die ihm einen zu sanften Kurs in Sachen Freihandelsabkommen vorwerfen und einen Antrag ablehnen, mit dem der SPD-Chef auf dem Parteikonvent am Samstag die Genossen auf einen gemeinsamen Kurs einschwören will. "Ich halte diesen Antrag nicht für mehrheitsfähig", sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Sieling, SPIEGEL ONLINE. "Er fällt weit hinter das zurück, was wir bislang im Bund und im Europawahlkampf vertreten haben. Das Papier braucht andere Inhalte, sonst wird es keine Verständigung geben." Auch der Berliner Landeschef Jan Stöß hatte in der "taz" einen härteren Kurs gefordert.

Für Gabriel ist der Konflikt heikel. Als Wirtschaftsminister steht er dem Abkommen grundsätzlich offen gegenüber. Aber in der SPD-Spitze weiß man, dass die TTIP-Kritik vieler Sozialdemokraten auch ein Ventil für den Unmut sein könnte, der sich in Teilen der Partei aufgrund der stagnierenden Lage in den Umfragen aufstaut.

Protest auch aus Baden-Württemberg

Am Donnerstag kündigte auch der Landesverband Baden-Württemberg an, auf dem Parteikonvent einen eigenen kritischen TTIP-Antrag stellen zu wollen. Die Südwest-SPD pocht besonders darauf, ein Ja zum Abkommen von den so genannten Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) abhängig zu machen. "Die Einbeziehung und Umsetzung aller ILO-Kernarbeitsnormen müssen für Sozialdemokraten eine absolute Voraussetzung für die Zustimmung zu einem Freihandelsabkommen sein", sagte der Entwicklungsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Sascha Raabe, SPIEGEL ONLINE. "Dies ist die letzte Chance, die Globalisierung gerecht und fair im Sinne der Arbeitnehmer zu gestalten."

Gabriel hofft, dass ein Positionspapier, das er mit DGB-Chef Reiner Hoffmann erarbeitet hat, die parteiinternen Kritiker besänftigt. In dem Papier wird das Abkommen grundsätzlich begrüßt. Es finden sich aber auch Bedingungen für die weiteren Verhandlungen auf europäischer Ebene. "Das Freihandelsabkommen darf Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards nicht gefährden", betonte Gabriel. Das SPD/DGB-Papier sei die Grundlage für die weiteren Gespräche. "Die Verhandlungslinie ist damit klar umrissen."

Dem Parteikonvent liegen etliche Anträge zum innerparteilich äußerst umstrittenen TTIP vor, die teilweise gar eine Aussetzung der Gespräche mit den USA fordern. Mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen streben die USA und die EU-Kommission die größte Freihandelszone der Welt an. Der Handelspakt soll in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden, die Hauptphase der Verhandlungen läuft seit Sommer 2013.

Das Abkommen stößt bei Gewerkschaften, Verbraucherschützern und Kulturschaffenden auf große Kritik. Die Gegner - auch jene in der SPD - fürchten, der Vertrag könne europäische Standards verwässern und großen Konzernen bei Klagen die Möglichkeit bieten, mit privaten Schiedsgerichten nationale Gerichte zu umgehen.

vme/dpa