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Kampf gegen drohende Deflation EZB konkretisiert Anleihekaufprogramm

Die Europäische Zentralbank bereitet ihre letzte Waffe im Kampf gegen eine zu niedrige Inflation vor. Nach SPIEGEL-Informationen könnte ein mögliches Anleihekaufprogramm unbegrenzt sein. Ein großer Teil der aufzukaufenden Papiere dürfte aus Deutschland kommen.
EZB-Chef Draghi: Letzte Waffe im Kampf gegen niedrige Inflation

EZB-Chef Draghi: Letzte Waffe im Kampf gegen niedrige Inflation

Foto: LOUISA GOULIAMAKI/ AFP

Hamburg - Die Planungen der Europäischen Zentralbank (EZB) für ein Ankaufprogramm für Staatsanleihen zur Deflationsbekämpfung nehmen konkretere Formen an. Das Volumen der Käufe könnte nach SPIEGEL-Informationen prinzipiell unbegrenzt sein. Wenn sich ein erstes Programm mit einem Volumen von zum Beispiel einer Billion Euro als unwirksam erweise, könne eben ein neues aufgelegt werden, heißt es in der EZB.

Anfang des Monats hatte EZB-Chef Draghi angekündigt, bei Bedarf mit unkonventionellen Maßnahmen gegen eine zu lange Phase niedriger Inflation vorzugehen. Dazu gehöre auch ein Programm zum Aufkauf von Anleihen am Kapitalmarkt. Mit einem solchen Programm könnten die langfristigen Zinsen gesenkt sowie Investitionen und Konsum angeregt werden. Andere große Notenbanken in den USA, Japan und Großbritannien haben bereits ähnliche Programme angewendet.

Die Experten der EZB stellen nun Überlegungen an, nach welchem Schlüssel im Rahmen eines möglichen Programms Staatsanleihen vom Markt genommen werden sollen. Möglich sei, dass sich die Quoten nach den Anteilen der Mitgliedsländer am EZB-Kapital orientieren. Dann entfiele auf deutsche Staatsanleihen ein Anteil von 26 Prozent, auf französische von 20 Prozent und auf italienische von 18 Prozent. Denkbar sei aber auch, dass sich die Quoten nach den Marktanteilen der Staatsanleihen richten. Dann kämen italienische Papiere auf einen Anteil von 25 Prozent, deutsche und französische auf jeweils 22 Prozent.

Konservative Geldpolitiker wiederum finden, dass allenfalls Anleihen bester Bonität akzeptiert werden sollten, also mit Top-Noten der Rating-Agenturen. Viele sehen eine solche sogenannte Quantitative Lockerung sowieso nur als "letzte Waffe", deren Einsatz derzeit extrem unwahrscheinlich sei. Sollte der EZB-Rat etwa im Juni tatsächlich zum Handeln gezwungen sein, wenn die neue mittelfristige Inflationsprognose vorliegt, sind andere Lösungen wahrscheinlicher. Möglich sei etwa, so heißt es, eine weitere Leitzinssenkung auf 0,15 Prozent mit einem negativen Einlagenzins für Banken in Höhe von minus 0,1 Prozent zu verbinden.

Denkbar sei auch ein Paket, zu dem zusätzlich ein neuer Langfristkredit für Banken zu Niedrigzinsen gehören könnte. Eine ähnliche Operation, die EZB-Chef Mario Draghi später nach einem Krupp-Geschütz "Dicke Bertha" benannte, hatte die EZB vor rund zwei Jahren schon einmal unternommen. Diesmal wird darüber nachgedacht, den Kredit besonders günstig zu machen, wenn die Banken ihre Kreditvergabe im Gegenzug erhöhen. Viele Zentralbanker hoffen allerdings, dass sie im Juni gar nichts unternehmen müssen: Denn die anziehende Konjunktur könnte die Inflationsaussichten wieder näher an die Zweiprozentmarke rücken.

stk