Der überraschende Wechsel einer Grünen-Abgeordneten zur CDU hat in Niedersachsen die Regierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in eine schwere Krise gestürzt. Weil selbst sprach von einer „Intrige“ und plädierte für eine rasche Selbstauflösung des Parlaments, um Neuwahlen zu ermöglichen. Einen Rücktritt lehnte er am Freitag ab.
Auch in weiten Teilen der SPD sorgte der Wechsel offenbar für großen Unmut. Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner nannte den Übertritt der Grünen-Politikerin zur CDU „politisch unanständig“. Er sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Es ist ganz offenkundig, dass da jemand aus persönlichen Karriereerwägungen und unter Mithilfe der Union den Wählerwillen verfälschen will.“
Kanzlerkandidat und SPD-Chef Martin Schulz schrieb auf Facebook, Twesten begehe „nicht nur Verrat an den Wählerinnen und Wählern, sondern auch Verrat an Rot-Grün“.
„So schafft man Vertrauen in die Politik. Nicht.“
Noch einen Schritt weiter ging die SPD auf ihrem Twitter-Kanal, dort postete sie am Freitagabend ein ungünstig geschnittenes Foto von Twesten mit dem Kommentar: „Machtwille statt Wählerwille: So schafft man Vertrauen in die Politik. Nicht.“. Auf das Foto legte die Partei zudem den zweideutigen Spruch: „Das neue, glaubwürdige Gesicht der CDU“.
Die Reaktionen der User fielen gespalten aus. Einige feierten die Aktion und schreiben “Treffer versenkt!“, andere empfinden die Attacke auf den (neuen) politischen Gegner als würdelos (“Armseliger Tweet. Schämt euch!“, „Also, mit Verlaub, das ist ziemlich eklig.“).
Am späten Abend allerdings löschte die SPD auf ihrem Parteiaccount den Post - ohne eine Erklärung dazu abzugeben.
Twesten hatte ihren Seitenwechsel damit begründet, dass die Grünen sie nicht für die Landtagswahl im Januar 2018 in ihrem Wahlkreis in Rotenburg (Wümme) nominiert haben. Nun sehe sie ihre politische Zukunft in der CDU, erklärte sie – und bezeichnete sich als Anhängerin von Schwarz-Grün.