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Panorama Beatrix von Storch

Anne Will entlarvt wirre Merkel-Theorie der AfD-Frau

"Herr Friedrich und Frau von Storch sagen...": Wie nahe sich CSU und AfD sind, arbeitete Anne Will gekonnt heraus. Mit dem „Merkel flieht nach Chile“-Gerücht redete sich von Storch um Kopf und Kragen.

Es war schon nicht mehr subtil, wie Anne Will die CSU mit der rechtspopulistischen AfD über einen Kamm scherte. "Herr Friedrich und Frau von Storch sagen ...", leitete Will in ihrer Sendung am Sonntagabend gleich mehrfach Fragen ein.

Ja, der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU und die Europaabgeordnete Beatrix von Storch der AfD lagen in vielen, vielen Punkten der Flüchtlingsdebatte zum Thema "Vorbild Österreich - Braucht auch Deutschland eine nationale Obergrenze?" so erschreckend offensichtlich auf einer Linie, dass die CSU vielleicht doch mal nachdenklich werden sollte.

SPD in der Debatte nicht vertreten

Aber auch die SPD sollte nachdenken. Zunächst mal darüber, warum sie in einer prominenten Talkshow keinen Platz findet und stattdessen mit Friedrich, von Storch und CDU-Vize Armin Laschet drei von vier Talkgästen aus dem konservativen Bereich geladen wurden. Außerdem darüber, weshalb sich Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz im Wahlkampf die Chance nehmen lässt, mit einem AfD-Vertreter in die Elefantenrunde zu gehen.

Denn es scheint so simpel: Einfach mal reden lassen, irgendwann entlarven sich die schrägen Vögel von der AfD und verschwinden dadurch vielleicht doch wieder in der Versenkung.

Beatrix von Storch klingt wie Seehofer

Was Beatrix von Storch am Sonntag bei Anne Will ablieferte, war jedenfalls dank der Fragen von Anne Will der grandios gescheiterte Versuch, sich als Stimme der Vernunft zu präsentieren. Die 44 Jahre alte stellvertretende Bundessprecherin der AfD verzichtete auf einen national-chauvinistischen Auftritt, wie ihn Björn Höcke vor wenigen Monaten bei Günther Jauch mit Nationalfahne und Nazi-Stakkato hinlegte.

Sie sagte Sätze, die nicht jedem passen, die aber legitim sind. Der Satz: "Ich glaube, das, was wir jetzt verlangen müssen, ist, dass sich die Bundeskanzlerin hinstellt und sagt, unsere Willkommenskultur ist beendet", könnte auch von einem Redenschreiber von CSU-Chef Horst Seehofer stammen. Und auch das Bild, Merkel habe mit ihrer Flüchtlingspolitik einen "Magneten" mitten in Europa eingerichtet, der die Menschen nach Deutschland ziehe, ist nicht verwerflich. Friedrich sagte dasselbe.

Entlarvendes Facebook-Posting

Hanebüchen wurde der Auftritt von Storchs erst, als Anne Will sie mit ihrer Facebook-Seite konfrontierte. Die nach außen Sachlichkeit fordernde Europaabgeordnete hat da ein ziemliches Pamphlet ins Netz gestellt, das die Moderatorin ihr vorhielt. Darin schwadroniert von Storch über die künftige Ex-Kanzlerin Merkel.

Um dann zu schreiben: "Ich nehme Wetten an: Wenn sie bald zurücktritt, wird sie das Land verlassen. Aus Sicherheitsgründen." Hetzende Zeilen, die das vorgegebene Bemühen um Sachlichkeit als Lüge entlarven. Und hinter diesen Zeilen steckt eine wirre Verschwörungstheoretikerin, wie Anne Will dankenswerterweise entlarvte.

Denn die Moderatorin ließ bei von Storch nicht locker und wollte hören, was genau sie denn damit meinte. Im ersten Anlauf versuchte sich die AfDlerin noch damit rauszureden, dass die Bundesrepublik sich ja in der schwersten Krise seit dem Krieg befinde.

"Gerücht" über Merkel-Flucht nach Chile

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Beim nochmaligen Nachbohren sagte sie dann: "Damit meine ich, dass das Gerücht war, dass sie nach Chile oder Südamerika geht." Ah ja. Wo, liebe Frau von Storch, war das Gerücht? Im Kanzleramt? Oder doch eher beim Klogespräch mit Rechtspopulisten im Europaparlament?

Welche politischen Debatten führt die Europapolitikerin von Storch, wenn sie allen Ernstes suggeriert, Merkel tritt bald zurück, muss sich vor dem deutschen Mob fürchten und setzt sich dann zur Flucht ins Flugzeug? Und das genau wie Erich Honecker nach Chile.

Das war kein missglückter Scherz, keine Satire - Frau von Storch vermittelte überzeugend den Eindruck, dass dieser Stuss in ihrem Kopf stattfindet. Wer Björn Höcke bei Jauch und jetzt von Storch bei Will sah, muss sich wirklich fürchten: Denn trotz dieses dumpfen Spitzenpersonals winken den Rechtspopulisten nach allen Umfragen viele Mandate.

EKD-Ratsvorsitzender klingt wie Merkel

Aber vielleicht haben die Zuschauer ja am Sonntagabend auch gemerkt, dass es noch immer anders geht. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, positionierte sich zwischen dem zum nichtssagenden Quatschen neigenden Laschet und den beiden Hardlinern Friedrich und von Storch wohltuend als Gutmensch in seiner besten Bedeutung.

Bedford-Strohm verlangte nichts weniger, als die Konsequenzen der jetzt so scharf geforderten Grenzschließungen zu bedenken. "Ich möchte eigentlich mal wirklich genau wissen, wie Sie sich das vorstellen, wenn einer die Grenzen schließt. Was passiert eigentlich mit den Menschen?", sagte der Bischof zu Friedrich.

Bedford-Strohm argumentierte dabei nicht naiv, auch er plädierte genau wie die anderen Talkgäste für ein Absenken der Flüchtlingszahlen. Dies aber nicht durch ein Abschotten, sondern durch Maßnahmen wie mehr Geld für die Flüchtlingsversorgung etwa in den Flüchtlingslagern in der Türkei oder Jordanien.

Zeitweilig wirkte es so, als sei Bedford-Strohm derjenige, der die in der Dauerkritik stehende Merkel im Moment berät und ihr zur Standhaftigkeit rät. Der Theologe formulierte auch den Satz, der dazu passt: "Christlich muss doch heißen, dass Gottesliebe und Nächstenliebe untrennbar miteinander verbunden sind."

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