Bundeskanzlerin Angela Merkel hat erstmals offiziell Gespräche mit FDP und Grünen über eine Jamaika-Koalition angekündigt. Es werde schwierige Verhandlungen geben, aber es gehe darum, eine verlässliche Regierung zu bilden, sagte die CDU-Vorsitzende am Samstag beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU). "Ich möchte, dass sie zustande kommt."

Sie machte auch deutlich, dass es für sie zu einem Jamaika-Bündnis keine Alternative gebe. "Es ist offenkundig, dass die SPD auf Bundesebene auf absehbare Zeit nicht regierungsfähig ist. Wir sollten deshalb keine weiteren Gedanken darauf verschwenden."

Über einen Koalitionsvertrag werde ein Sonderparteitag entscheiden, versprach sie, und nahm damit eine Forderung der JU auf. "Ich unterstütze die Erwartung, dass wir eine vielleicht existierende Koalitionsvereinbarung dann auf einem Parteitag diskutieren und verabschieden", sagte die CDU-Chefin in ihrer Rede.

Am Vortag hatte der JU-Vorsitzende Paul Ziemiak gesagt: "Ich finde, unsere Forderung muss sein: Ohne einen ordentlichen Bundesparteitag wird es keinen Koalitionsvertrag geben." Dem Koalitionsvertrag 2013 hatten nur CDU-Präsidium und -Bundesvorstand zugestimmt.

"Gemeinsam demütig sein"

Merkel sagte ihrer Partei eine umfassende Aufarbeitung des schlechten Wahlergebnisses der Union bei der Bundestagswahl zu: "Ich rate uns nun allen dazu, gemeinsam demütig zu sein." Um jene Wähler, die die Union diesmal nicht gewählt hätten, müsse gekämpft werden. Die Union müsse sich mit dem Ergebnis auseinandersetzen, es "ist und bleibt enttäuschend".

Die CSU rief sie im Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge zu einer Einigung auf. Die Schwesterparteien hätten im Wahlkampf geschafft, mit diesem Dissens zu leben, sagte Merkel. "Aber jetzt steht eine neue Aufgabe an: gemeinsam den Wählerauftrag umzusetzen". Die Flüchtlingspolitik habe wie kein anderes Thema CDU und CSU erschüttert. Merkel will nach eigenen Worten "alles daran setzen, eine Lösung zu finden, sodass sich auch keiner verleugnen muss".

Dennoch verteidigte sie ihre Flüchtlingspolitik vor dem Parteinachwuchs energisch. "Wer glaubt, ich hätte für zwei Selfie-Fotos die Leute eingeladen – das ist Kinderglaube, das ist nicht in Ordnung." Sie mache sich wegen des Umgangs mit der Flüchtlingskrise nur zwei Vorwürfe: dass ihre Bundesregierung wegen des Widerstands der Sozialdemokraten 14 Monate gebraucht habe, die Länder des westlichen Balkans zu sicheren Herkunftsländern zu machen; und dass man weggeguckt habe, als die Flüchtlinge in Lagern in Syrien und Jordanien nichts mehr zu essen gehabt hätten.

Unterstützung für Schäuble

Außerdem stellte sich die Kanzlerin hinter Pläne zur Weiterentwicklung des europäischen Rettungsschirms ESM zu einem europäischen Währungsfonds. Sie unterstütze die entsprechenden Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Es werde mit der deutschen Regierung aber keine gemeinsame Verschuldung ohne Kontrolle geben, versicherte sie.

In der Diskussion über einen europäischen Finanzminister warnte sie vor einer Debatte mit Schlagworten. Ein solcher Finanzminister werde eingesetzt, wenn er nötig sei. Zunächst müsse geklärt werden, was in der europäischen Finanzpolitik notwendig sei.