Verteidigt die Pegida-Demonstrationen: Dr. Heinrich Fiechtner Foto: Michael Steinert

Der verbale Schlagabtausch zweier Stadträte im Sozialausschuss hat Folgen. Hannes Rockenbauch, Sprecher von SÖS/Linke plus im Gemeinderat, hat den AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner angezeigt. Der hatte den Kontrahenten als Linksfaschisten bezeichnet.

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Stuttgart - Der verbale Entgleisung des AfD-Stadtrats und Onkologen Dr. Heinrich Fiechtner am Montag im Sozialausschuss und scharfe verbale Angriffe des SÖS-Stadtrats Hannes Rockenbauch beschäftigen OB Fritz Kuhn (Grüne) und die Justiz. Kuhn appellierte am Donnerstag im Ältestenrat des Gemeinderats eindringlich an die Streitparteien, sich zu mäßigen.

Der betroffene, als Linksfaschist betitelte Fraktionschef von SÖS/Linke-plus, Hannes Rockenbauch, hat Fiechtner angezeigt. „Das ist eine privatrechtliche Auseinandersetzung“, sagt Rockenbauch. Er sei zur Mäßigung bereit, glaube aber nicht „an eine Besserung der Lage bei Herrn Dr. Fiechtner. Ich habe jedenfalls keine Lust, mich auf diesem Niveau beleidigen zu lassen“, so Rockenbauch. Die Anzeige sehe er mehr als symbolischen Akt. „Ich habe mir lange überlegt, ob ich Herrn Fiechtner dadurch nicht noch aufwerte, aber seine verbalen Querschläge und Entgleisungen sprechen für sich“, sagt Rockenbauch.

Rockenbauch ist in der politischen Debatte kein unbeschriebenes Blatt, sondern scharfzüngig und teils ungestüm. Bei seinen Attacken erreicht auch er zuweilen die Beleidigungsgrenze. Am Montag im Ausschuss war dies aus seiner Sicht aber nicht der Fall. Er habe Fiechtner nicht vorgeworfen, Nazi zu sein, sondern nur vorgeworfen, „unter Nazis demonstriert zu haben“.

Fiechtner hatte am Sonntag nach eigener Aussage „als Beobachter“ an der Pegida-Demo teilgenommen. Rockenbauch stand in der Gegendemo, zu der auch diverse antifaschistische Gruppen aufgerufen hatten. „Ich konnte ihn in dem Pöbel sehen und musste drei Polizisten um Geleitschutz bitten, um wegzukommen“, schildert Fiechtner eine für ihn bedrückende Umzingelung. Die 200 Demonstranten der rechtspopulistischen Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlands (Pegida) waren von 4000 Gegendemonstranten umringt. Auf dem Weg zur Demo sei er angespuckt worden.

Er sei „sehr dafür, dass man die Auseinandersetzung nicht emotionalisiert führt“, sagt Fiechtner, er habe sich am Montag aber von allen Seiten angegriffen gesehen. Auch von der FDP-Bürgermeisterin Isabel Fezer, die nicht in der Lage gewesen sei, die Sitzung unabhängig zu führen. Zu Rockenbauch habe er laut Protokoll dies gesagt: „Dass sie sich bei den Linksfaschisten und Nazis bewegt haben wundert mich nicht, und in ihrer sozialistischen Parallelwelt hat es ja schon einige Kapriolen gegeben.“ Die Bürgermeisterin habe ihn dann zurechtgewiesen, er habe sich dies aber verbeten.

Zu Pegida hat der Arzt eine klare Meinung: „Es wären hier in Stuttgart weitere Pegida-Demos nötig, allein wegen der freien Meinungsäußerung müsste man dadurch ein Exempel statuieren“, so Fiechtner. Das Gutmenschentum, das sich in Sozialdebatten wie am Montag zum Thema Flüchtlinge zeige, bei denen er klare Aussagen zu Zahlen vermisst habe, „geht mir auf den Zeiger“, bekennt Fiechtner.

„Der Appell von Herrn Kuhn zur Mäßigung ist bei mir nicht auf Widerstand gestoßen“, sagt Lothar Maier, Sprecher der AfD-Fraktion im Rathaus. Er wolle in diese Richtung wirken und sehe es als fatal an, dass sich die Stadtratskollegen Nazi-Vorwürfe an den Kopf schleuderten. „Ich bedauere das“, sagt Maier.

Gegen Fiechtner läuft schon länger ein vom AfD-Kreisverband in Gang gesetztes Parteiordnungsverfahren mit der Möglichkeit des Parteiausschlusses. Weil dem Schiedsgericht auf Landesebene mindestens bis zum Parteitag in sechs Wochen Entscheidungsträger fehlten, sei das Verfahren an das Bundesschiedsgericht abgegeben worden, berichtet Maier. „Ich hoffe nicht, dass das Thema noch sechs Wochen liegen bleibt“, so der Fraktionschef. Er hoffe auf eine schnelle Klärung der Causa Fiechtner.

Klargestellt: Keine Verleumdung

Zum Artikel „NaziVergleiche: OB fordert Mäßigung“ in der Ausgabe vom 22. Mai erklärt der AfDStadtrat Heinrich Fiechtner:

Die Behauptung, er habe Hannes Rockenbauch (Sprecher von SÖS/Linke plus im Stuttgarter Gemeinderat) einen Linksfaschisten genannt und damit beleidigt, ist falsch. Ausweislich des Protokolls sagte Rockenbauch: „... mit Ihrem Auftritt gestern gemeinsam mit Nazis und heute mit Ihren Äußerungen machen Sie klar, Sie sind der Sprengstoff in dieser Gesellschaft.“ Fiechtners Replik darauf lautete: „Herr Rockenbauch, dass Sie sich bei den Linksfaschisten und Nazis bewegt haben, wundert mich nicht.“ Eine personenbezogene Beleidigung oder Verleumdung durch ihn, so Fiechtner, habe also nicht stattgefunden. (StN)