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Ausland Syrischer Kampfjet

Erst droht Russland den USA – und geht dann noch einen Schritt weiter

Russland droht den USA jetzt mit Angriffen

In Syrien eskaliert der Konflikt zwischen den Großmächten. Nachdem eine US-Maschine einen syrischen Kampfjet abgeschossen hat, droht Russland den USA mit Angriffen. Jedes fliegende Objekt werde künftig als Ziel betrachte, so Moskau.

Quelle: N24/Perdita Heise

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Die USA hatten gerade noch über eine Notstandsleitung mit Russland verhandelt, aber ergebnislos. Dann kam der Einsatz des amerikanischen Kampfjets F/A 18 Hornet, der eine syrische Maschine abschoss. Moskau reagiert.

Das syrische Kampfflugzeug vom Typ Su-22 hatte am Sonntag um 6.34 Uhr in der Nähe der IS-Hochburg Rakka Bomben abgeworfen, war dann jedoch plötzlich vom Radar verschwunden. Das syrische Luftwaffenkommando ging zuerst von einem technischen Defekt aus. Die Militärs mussten aber sehr bald feststellen, dass die vermisste Maschine abgeschossen worden war – von den USA. Die Begründung: Der Kampfjet habe die von den Amerikanern unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) angegriffen.

Russland, das aufseiten des Assad-Regimes kämpft, droht den USA als Reaktion mit Angriffen im syrischen Luftraum. Dort, wo die russische Luftwaffe in Syrien operiere, werde sie Flugzeuge und Drohnen der US-geführten Koalition als potenzielle Ziele ins Visier nehmen, wenn sie westlich des Flusses Euphrat fliegen. Das meldeten russische Nachrichtenagenturen am Montag unter Berufung auf das Verteidigungsministerium.

Außerdem setze das Ministerium seine Kontakte mit den USA zur Verhinderung von Zwischenfällen im syrischen Luftraum aus. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass die USA diese Kommunikationskanäle vor dem Abschuss des syrischen Flugzeuges nicht genutzt hätten. Russland mahnte die USA, die territoriale Integrität Syriens zu respektieren. Unterdessen bestreitet die Militärführung in Damaskus Angriffe auf die Rebellen. Stattdessen habe der Kampfjet Stellungen der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) attackiert, und angeblich nicht die der SDF.

Die USA wollen die Spannungen im Verhältnis zu Russland rasch wieder entschärfen. Der Generalstabschef der US-Armee, Joe Dunford, kündigte am Montag in Washington an, die von Moskau wegen des Vorfalls ausgesetzte Sicherheitsvereinbarung für den syrischen Luftraum solle möglichst bald wiederhergestellt werden.

Dieser Kommunikationskanal, durch den Kollisionen von Flugzeugen verhindert werden sollen, habe „in den vergangenen acht Monaten sehr gut funktioniert“, sagte der US-General. Deshalb solle in den kommenden Stunden auf diplomatischer und militärischer Ebene darauf hingewirkt werden, diesen Kanal wieder zu eröffnen.

Aus dem US-Verteidigungsministerium hieß es zuvor: „Die Koalition will weder gegen das syrische Regime noch Russland oder angeschlossene Pro-Regime-Truppen kämpfen.

Aber es wird nicht gezögert, die Koalition und ihre Partnerkräfte gegen jede Bedrohung zu beschützen.“ Die USA führen in dem Konflikt die Anti-IS-Koalition an, der neben Frankreich und Großbritannien auch die Türkei angehören. Syrien ist längst zum Austragungsort politischer Konflikte der in den Bürgerkrieg involvierten Staaten geworden. Es ist ein komplexes Geflecht, das jederzeit aus den Fugen geraten kann.

Russische Truppen in Syrien (Archiv)
Russische Truppen in Syrien (Archiv)
Quelle: dpa/Russian Defense Ministry Press S

Es war nicht das erste Mal, dass die USA gegen „eine Bedrohung“ mit Gewalt vorgegangen sind. Erst vor einem Monat hatten amerikanische Kampfflugzeuge proiranische Milizen und syrische Armeeverbände bombardiert. Sie waren einem Ausbildungslager im Süden Syriens zu nahe gekommen, in dem amerikanische, britische und norwegische Spezialeinheiten Rebellen trainieren.

Eine multiethnische Militärallianz hatte am 6. Juni mit der letzten Phase ihrer Offensive auf die IS-Hochburg Rakka begonnen. Die SDF kommen dabei relativ zügig voran und haben bereits einige Stadtviertel vom IS erobert. Das Militärbündnis kontrolliert bereits ein riesiges Gebiet im Norden Syriens, das entlang der Türkei bis hin zur irakischen Grenze reicht. Mit der Einnahme von Rakka wird die militärische und politische Bedeutung der SDF, die für ein basisdemokratisches System kämpfen, wachsen. Zumal sie die USA auf ihrer Seite haben und vom Pentagon direkt mit Waffen beliefert werden.

Washington behält sich Mitspracherecht vor

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Es ist eine Zusammenarbeit, die von längerer Dauer sein dürfte. „Die USA sind in Syrien, um zu bleiben“, sagen Kommandeure der SDF. „Die Amerikaner bauen Basen und Flughäfen, die auf Jahre, nicht auf wenige Monate angelegt sind.“ Mit den SDF als Partner behält sich Washington ein Mitspracherecht in Syrien für die Zukunft vor – gegen Russland und vor allen Dingen gegen den ebenfalls mit dem syrischen Regime verbundenen unliebsamen Iran.

In den letzten Wochen waren die syrische Armee und ihre schiitischen Hilfsmilizen aus dem Libanon, Irak und Iran von Westen her im Eiltempo auf Rakka vorgestoßen. Am Sonntag versuchten sie offenbar, die Verteidigungslinien der SDF zu durchbrechen, die etwa 25 Kilometer vor der IS-Hochburg liegen. Nachdem es bei al-Tabka zu Gefechten am Boden gekommengekommen sein soll, sollte, so der Vorwurf, die syrische Luftwaffe eingreifen und SDF-Stellungen bombardieren.

Die USA hatten nach ihrer Darstellung zuvor noch über eine eingerichtete Notstandsleitung mit Russland verhandelt, aber ergebnislos. Dann kam der Einsatz des amerikanischen Kampfjets F/A 18 Hornet, der die syrische Maschine abschoss. Der US-Kampfjet war von einem Flugzeugträger im Mittelmeer aus auf einem Patrouillenflug unterwegs gewesen.

Nach Rakka kommt Deir Essor

Die syrische Regierung scheint Rakka endgültig verloren zu haben. Doch die Armee versucht offenbar weiter, die Offensive der SDF zu stören – und damit zu verlangsamen. Denn es geht noch um die Stadt Deir Essor – mit dazugehörender Provinz. Die syrische Armee ist mit ihren verbündeten Milizen bereits auf dem Weg dorthin. Die SDF versuchen, den Regimetruppen den Weg abzuschneiden. Die Einnahme Deir Essors hatte die multiethnische Allianz ursprünglich erst nach der Operation in Rakka geplant.

Mit militärischer Unterstützung aus Washington können die SDF den Vormarsch des Regimes wahrscheinlich verhindern. Zumal die USA einen weiteren Grund haben, um einzugreifen. Denn die syrische Armee hat neuerdings Hilfe von den Populären Mobilisierungskräften (PMU) aus dem Irak erhalten. Das sind radikal-schiitische Verbände, von denen die meisten ihren Oberbefehl aus Teheran bekommen. Vor ein, zwei Tagen sollen Armee und PMU sich ganz im Süden Syriens an der irakischen Grenze getroffen haben. Von dort aus führen sie Angriffe auf den IS aus – mit Zielrichtung Deir Essor.

Das ist natürlich nicht im Interesse Washingtons, das eine zusätzliche Ausweitung des Einflusses des Iran in Syrien verhindern will. Das wiederum kommt den SDF zugute, nachdem die USA am Sonntag gezeigt haben, wie ernst sie es mit dem Schutz ihrer Partner nehmen.

mit AFP

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