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Schwebende Ebenen und ganz oben ein Restaurant mit Panoramabar und Dachgarten schlägt das Büro Chipperfield mit seinem Entwurf für einen 25 Stockwerke hohen Neubau am Tiergarten vor.

© Simulation: Chipperfield für F&B Group

Investor sammelt Ideen: Turmbau am Berliner Tiergarten

Am Berlin-Pavillon plant ein Investor mit Stararchitekten einen Neubau. Der Architekt will sich an IBA-Bauten orientieren.

Wird ein weiterer Turm an den Rand des Tiergartens gestellt, gleichsam als Ergänzung der Hochhäuser, die während der Internationalen Bauausstellung 1957 entstanden? Teils spektakuläre Entwürfe von Stararchitekten gab der Eigentümer eines Baugrundstücks am Berlin-Pavillon in Auftrag, zwischen Straße des 17. Juni und S-Bahnhof Tiergarten.

Das bisher nicht öffentlich gewordene „Ideenfindungsverfahren“ fand unter Beteiligung von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und Baustadtrat vom Bezirk Mitte Carsten Spallek (CDU) statt. Ihnen lagen Entwürfe vom Baumeister der Museumsinsel, David Chipperfield, vor, des Jüdisches-Museum-Architekten Daniel Libeskind sowie von den Büros Herzog&DeMeuron, Sauerbruch Hutton und Teherani.

Auf Anfrage bestätigte Mittes Baustadtrat Carsten Spallek, dass er das Verfahren für den Bezirk begleitet hat. Ziel sei es gewesen, überhaupt erst einmal Konzepte für eine mögliche Bebauung des rund 3500 Quadratmeter großen Grundstückes an der Joseph- Haydn-Straße zu entwickeln.

Der ganz große Zeitdruck herrsche beim Investor aber offensichtlich nicht, denn dem Bezirk habe die Firma nach Abschluss des Wettbewerbs „noch kein Bauantrag und nicht mal eine Bauvoranfrage vorgelegt“, so Spallek. „Wir schauen was geht“, sagte Bernd Ehret von der F&B Group, die das Projekt entwickelt. Zu Details wollte er sich „in diesem Projektstadium“ noch nicht äußern.

Im Sinne der Philosophie der IBA-Bauten im Hansaviertel

Gut möglich ist, dass hinter den Kulissen erst noch Widerstände gegen das Projekt in prominenter Lage ausgeräumt werden müssen. Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es: „Das Grundstück ist planungsrechtlich bebaubar. Art und Maß der Bebauung muss mit Blick auf das Hansaviertel aber denkmalrechtlich abgestimmt werden“. Dem Vernehmen nach stellt sich die Landesdenkmalbehörde auf die Hinterbeine. Unter Schutz stehen der Berlin-Pavillon, der zur Internationalen Bauausstellung vor rund 60 Jahren entstand (IBA 57), und der Tiergarten.

Die ersten Hürden hatte der Grundeigentümer bereits vor Gericht genommen: Das Bauland kann nach einem entsprechenden Urteil auf Grundlage von Paragraf 34 Baugesetzbuch entwickelt werden – und nicht wie eine „Fläche im Außenbereich“. Einfach ausgedrückt besagt das: Der Neubau kann sich an den IBA-Bauten oder dem in Sichtweite stehenden Novotel-Hochhaus orientieren.

Genau das taten die fünf Architekten im Ideenfindungsverfahren. Chipperfield, der im Wettstreit der Baumeister punktet, schlägt einen 91 Meter hohen, im Entwurf eher dünnen Gebäudekörper vor. Die 25 Geschosse werden wie bei einer Brücke eingehängt und ragen über die tragende Konstruktion hinaus, wodurch der Eindruck frei schwebender Etagenscheiben entsteht. Die Architekten schreiben, sie hätten damit eine bewusst moderne Gestaltung gewählt, die sich absetzt von den gründerzeittypischen, geschlossenen Baukörpern.

Damit schließt Chipperfield an die Philosophie der IBA-Bauten im Hansaviertel an, individuell gestaltete Hochhäuser, umgeben von reichlich Grünflächen. Nach dem Krieg galt das als Gegenmodell zu den Häuserzeilen der Gründerzeit, die am Blockrand orientiert zahlreiche Hinterhöfe mit düsteren Wohnungen ausbilden, die mangels Licht und Luft in Verruf gerieten. Einen zweiten Neubau mit fünf Geschossen stellt Chipperfield an die Gleise.

Ganz anders der Entwurf des Büros Libeskind. Der Architekt des Jüdischen Museums hat zwei Zwillingsbauten nebeneinander gestellt. Die acht und zehngeschossige Bauten sollen in einem Winkel von mehr als 75 Grad zu einander hochragen und so eine „skulpturale Spannung“ erzeugen. Dazu tragen auch die mal vor-, mal zurückversetzten Geschosse bei, die an Leitwarten eines Raumschiffes erinnern. So bringt Libeskind aber kaum halb so viel Baufläche auf dem Grundstück unter wie Chipperfield, weshalb sein Entwurf wohl keine Gnade beim Bauherrn haben dürfte.

Form follows money

Dasselbe Schicksal könnte den Entwurf des Büros Teherani ereilen, jedenfalls unter den Verantwortlichen von Bezirk und Senat. Der Hamburger Architekt hat die Baufläche geradezu vollgestellt mit einem brachial wirkenden Gebäude, das 140 Meter in die Höhe ragt. Die untere Hälfte des wuchtigen Baukörpers erinnert mit den regelmäßigen Fensterzeilen an die Monotonie von Plattenbauten, die der Architekt im oberen Drittel des Hauses aufbricht durch eine zackige asymmetrisch Linienführung. 

Form follows money, ließe sich in Abwandlung zum Leitgedanken der Sachlichkeit über diesen Entwurf spotten – dem Bauherrn brächte dieser Entwurf die vierfache Grundfläche.

Auch über die Nutzung der Neubauten machten sich die Architekten, deren Planungen bis in Details der Etagen reichen, Gedanken: Hotels wollen die einen, Studentenbuden andere, Luxuswohnungen in den oberen Etagen fast alle und auch Cafés, Restaurants und Läden im Erdgeschoss. Das größte Köder: Eine Panorama-Bar oder ein Restaurant auf dem Dach mit Blick über die Skyline von Berlin.

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