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Berliner CDU-Größen: Eberhard Diepgen (l.), Frank Henkel und Monika Grütters vor Beginn der CDU-Landesparteitages 2014.

© picture alliance / dpa

CDU Berlin: Lektionen in Niedertracht

Was bei der CDU in Zehlendorf passiert, ist alarmierend. Erst recht zum Skandal wird die Sache durch das hilflose Verhalten des Parteivorstands. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Was da gerade bei der Berliner CDU in Wild-Südwest passiert, im „Kreisverband des Grauens“, ist eigentlich unfassbar: Die bürgerlichste aller Parteien zerlegt sich im bürgerlichsten aller Bezirke auf eine Weise, die alarmierend ist.

Eine Mitgliederbefragung zur Art der Kandidatenwahl für den Bundestag wurde nachweislich mit gut gefälschten Abstimmungsbögen manipuliert; über die Wahl selbst, die auf dubiose Weise mit einem Ergebnis von 245 zu 245 endete, kursieren Berichte von „Unregelmäßigkeiten“; der vom Landesvorstand mit Ermittlungen beauftrage Justiziar sowie externe Rechtsanwälte empfehlen der Partei, gegen den einen Kandidaten, Bundestagsabgeordneter und Notar, Strafanzeige wegen Mithilfe bei einer Urkundenfälschung zu erstatten; der Kandidat kontert mit Intrigenvorwürfen und einem Strafantrag gegen die internen Ermittler wegen übler Nachrede und Verleumdung; die Staatsanwaltschaft prüft die Einleitung eines Verfahrens. Eigentlich ist das ein Fall für die Wahlbeobachter der Vereinten Nationen.

Erst recht zum Skandal wird die Sache aber durch das hilflose Verhalten des Parteivorstands – hier von „Führung“ zu reden, wäre ein Euphemismus. Im größten und wichtigsten Kreisverband stehen die Grundwerte der Demokratie auf dem Spiel, auch unabhängig von der strafrechtlichen Würdigung.

Aber in der Zentrale wiegeln sie nur ab. Es handle sich um einen „unschönen Sachverhalt“, die Kandidatenkür am kommenden Sonntag sei „in keiner Weise berührt“, es wird „an die Betroffenen appelliert“. Zwar gehe es gerade „etwas irrational“ zu, das mit den falschen Abstimmungsbögen sei zwar „eine Sauerei“, aber doch wohl hoffentlich wohl „wahlrechtlich nicht relevant“, also „alles nicht so wild“. Aber von der Parteivorsitzenden selbst, von Monika Grütters, zu alledem kein Wort. Ist sie überhaupt noch im Amt?

Grütters wollte die Hauptstadt-CDU wieder aufrichten

Man muss schon schwer verschnupft sein, um in der Berliner CDU nicht wieder den sumpfigen Modergeruch der achtziger, neunziger Jahre zu bemerken. Grütters war angetreten, diese Ära endgültig zu beenden. Sie wollte die Hauptstadt-CDU, demoralisiert und geschlagen bei der vergangenen Abgeordnetenhauswahl, wieder aufrichten. Stattdessen sieht sie zu, wie sich alte Kämpfer zu einem letzten Gefecht versammeln.

Wie mächtig sie noch sind, haben sie der neuen Vorsitzenden bei der demütigenden Wahl ihres Generalsekretärs gezeigt. Es sollte eine Warnung sein. Offenbar hat sie gewirkt. Intern wird die „menschliche Niedertracht“ in Teilen der Partei beklagt; nach außen wird ängstlich versucht, so zu tun, als handle es sich um ein unbedeutendes, undurchschaubares Lokalscharmützel.

Dabei wäre längst fällig gewesen, dass die Vorsitzende Grütters zu allen Widersprüchen, die sich auch mit ihrem Verhalten in diesem Fall auftun, klar Stellung bezieht. Zum Beispiel zur Behauptung des beschuldigten Kandidaten, sie selbst habe zu einem frühen Zeitpunkt der Untersuchung „gefordert“, diese sofort einzustellen. Wollte sie die nachgewiesene Abstimmungsmanipulation in ihrer Partei vertuschen?

Damit ist die vermeintliche Lokalposse ganz oben angekommen, in der Bundespartei, wo sie ja sonst immer nur hoffen, dass die peinlichen Verwandten aus Berlin nicht allzu auffällig über die Stränge schlagen. Das Hoffen war vergebens. Es steht die Glaubwürdigkeit der CDU bei der Bundestagswahl auf dem Spiel.

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