Moritz Suter: «Es gibt keine SVP-Zeitung»

Aktualisiert

«Basler Zeitung»Moritz Suter: «Es gibt keine SVP-Zeitung»

Der Basler Moritz Suter übernimmt die BaZ zu 100 Prozent und wird VR-Präsident. Chefredaktor bleibt der umstrittene Markus Somm, während Blocher sein Mandat verliert.

Lukas Mäder und Ronny Nicolussi
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Lukas Mäder und Ronny Nicolussi

Nach weniger als einem Jahr gibt es bei der «Basler Zeitung» (BaZ) einen erneuten Besitzerwechsel. Der Basler Aviatik-Unternehmer Moritz Suter übernimmt per sofort die National Zeitung und Basler Nachrichten AG (BZM), die die Zeitung herausgibt, zu 100 Prozent. BaZ-Chefredaktor bleibt der umstrittene Markus Somm, den der Tessiner Investor Tito Tettamanti Ende August eingesetzt hatte. Suter hat ihm laut einer Medienmitteilung den Auftrag erteilt, den eingeschlagenen Kurs weiterzuverfolgen. Somm sei ein hervorragender Journalist, der seriösen Recherchierjournalismus betreibe, sagte Suter vor den Medien in Basel. Das gefalle ihm. Er wolle eine spannende Zeitung, in der es kontroverse Meinungen gebe.

Zwei Änderungen nimmt Suter jedoch vor, um die Situation zu beruhigen. Zum Einen verliert Christoph Blochers Robinvest ihr Beratungsmandat bei der BaZ. Vor zehn Tagen war dieser Auftrag bekannt geworden und hatte insbesondere in der BaZ-Redaktion für Proteste gesorgt. «Ich habe absolute Achtung vor Blocher als Unternehmer», sagte Suter. Aber das Mandat sei vielleicht ein bisschen ungeschickt gewesen, da es für Unruhe gesorgt habe. Zum Zweiten verlegt Suter den Holdingsitz der BZM nach Basel zurück. Tettamanti hatte den Sitz vor wenigen Wochen nach Zug verlegt.

Vertrauen der Banken nötig

Suter will nun die Situation im Unternehmen beruhigen. Es müsse wieder Vertrauen in die BaZ geschaffen werden, insbesondere bei den Banken, die Kredite gewährten. Denn laut Suter hat der BaZ-Verlag über 100 Millionen Franken Schulden und schreibe auch dieses Jahr wieder rote Zahlen im einstelligen Millionenbereich. «Der Kauf ist eine riesige Herausforderung», sagte der neue Eigentümer. Aber Suter liege als Basler viel daran, die publizistische Unabhängigkeit der Zeitung zu garantieren, heisst es in einer Mitteilung. Zudem wolle er das wirtschaftliche Überleben und die Arbeitsplätze sichern.

Warum der Verkauf so schnell kam, ist nicht restlos klar. Investor Tettamanti und der Basler Anwalt Martin Wagner hatten die BaZ erst im Februar gekauft. Mit diesen beiden Besitzern könne das Konzept der Regionalzeitung aber offenbar nicht erfolgreich umgesetzt werden, sagte Wagner vor den Medien. In einer Medienmitteilung heisst es, «dass eine reine Basler Lösung mit einem einzigen Besitzer besser geeignet ist, die Zukunft des Unternehmens zu sichern».

Übers Wochenende geregelt

Der Kauf kam in kurzer Dauer zustande, wie Suter an der Medienkonferenz sagte. «Alles ist unheimlich schnell und auch für mich überraschend passiert.» Der erste Kontakt fand am Freitag statt. Bereits am Montag sei er zu Tettamanti nach Lugano gefahren, um den Kaufvertrag zu unterzeichnen, sagte Suter. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Suter sagte jedoch, er habe die BaZ zu einem fairen Preis übernommen und mit seinem eigenen Vermögen bezahlt. «Die BaZ ist voll in meinen Händen und unabhängig», sagte Suter. Er stehe dafür ein, dass es keine SVP-Zeitung gebe - genauso wie es keine SP- oder CVP-Zeitung gebe. «Ich bin für eine freie Presse.»

«Guten Flug!»

Für den langjährigen Journalisten und Medienexperten Karl Lüönd ist Suters Engagement eine Überraschung. «Ich kann ihm nur guten Flug wünschen», sagt er auf Anfrage von 20 Minuten Online. Wenn sich reiche Leute statt eines Fussballclubs oder eines Kunsthauses eine Zeitung als Haustier halten wollten, dann könne er nur sagen: «Viel Spass!» Eine Zeitung sei aber ein gefrässiges und ein bisschen teures Haustier, gibt er zu bedenken. Einen Alleingang Suters schätzte Lüönd als schwierig ein: «Das hat bei der BaZ bisher nicht funktioniert.»

Dass der bisherige Mehrheitsaktionär, Tito Tettamanti, wegen der jüngsten politischen Proteste Aktien verkauft haben könnte, glaubt Lüönd nicht. Hier gehe es ums Geschäft. Wenn dieses gleichzeitig einen politischen Nebennutzen bringe, sei das zwar willkommen. «Aber bei solchen Finanzsummen handelt auch ein Tettamanti nicht ideologiegetrieben.»

Moritz Suter

Moritz Suter, der neue Besitzer der «Basler Zeitung», hat sich als Luftfahrt-Pionier, als Crossair-Gründer und kurzzeitiger Swissair-Chef einen Namen gemacht. Er gilt als brillianter, aber auch umstrittener Unternehmer, der mit sehr viel Herzblut für seine Anliegen kämpft.

Suter, am 3. September 1943 als Sohn eines Musikprofessors und Komponisten in Basel geboren, begeisterte sich schon früh für die Fliegerei. 1962 erwarb er das Pilotenbrevet. Nach fliegerischer Praxis in Afrika, in Holland und England sowie bei der Luxemburger Luxair kam er 1967 zur Swissair. 1974 wurde er Flugkapitän.

Der Pioniergeist liess Suter jedoch keine Ruhe. 1975 gründete er mit seinem Freund Peter Kalt ein Lufttaxiunternehmen, aus dem schliesslich 1979 die Crossair hervorging. Diese baute Suter mit viel Elan von einem Kleinbetrieb zu einer der wichtigsten europäischen Regionalfluglinien mit über 3600 Angestellten aus.

Suter pflegte einen sehr patriarchalen Führungsstil. Dass er damit an seine Grenzen stiess, zeigte etwa ein langandauernder und teilweise auch sehr persönlich ausgetragener Lohnstreit mit den Crossair-Piloten.

Inzwischen hatte die Swissair schrittweise die Aktienmehrheit bei Crossair übernommen. Als die Swissair 2001 in ihre grösste Krise geriet, übernahm Suter kurzfristig deren Führung. Es gelang ihm, seine Crossair zu retten; auf ihrer Grundlage wurde schliesslich die neue Swiss aufgebaut.

Ende 2001 wurde Suter entmachtet, die Crossair/Swiss wurde von den Banken übernommen. Im Swissair-Prozess 2007 warf der letzte Swissair-Chef Mario Corti Suter vor, beim «Swissair-Grounding» 2001 eine zwielichtige Rolle gespielt zu haben.

Schwer belastet wurde Suters Ruf durch den Absturz zweier Crossair-Flugzeuge 2000 und 2001, bei denen insgesamt 34 Menschen ums Leben kamen. Ihm wurden unter anderem Vernachlässigung der Flugsicherheit vorgeworfen. In einem Prozess wurden diese Vorwürfe 2008 weitgehend entkräftet, Suter wurde frei gesprochen.

Suter hatte sich unterdessen neuen Projekten zugewendet. 2004 gründete er die Fluggesellschaft hello. (sda)

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