Soical Media | Rechtliche Schritte nicht ausgeschlossen
Minderjährige wird von Anonymen auf App gemobbt
Visp | Seit vergangenem Wochenende missbrauchen anonyme Nutzer aus der Region Visp die Plattform «Jodel», um einer bestimmten Person zu schaden. Die Verantwortlichen der App behaupten, es gibt selten Fälle von Mobbing, doch im Oberwallis ist dies nicht der erste Fall.
Laut Reglement der App «Jodel» ist es untersagt, Personen namentlich auf der Plattform zu nennen. Im aktuellen Mobbingfall wurde dies aber von den sogenannten Moderatoren, die für das Löschen regelwidriger Posts zuständig sind, nicht so streng genommen. In einem ersten Post wurde der komplette Namen des minderjährigen Opfers genannt. Damals wurde noch reagiert und der Post entfernt. Doch die Peiniger setzten immer wieder neue Statements online, in denen Initialen, Jahrgang und Vereinsmitgliedschaft der Betroffenen veröffentlicht wurden. Diese waren auch Tage später noch online.
Opfer hat keine Erklärung dafür
Die Anschuldigungen lassen vermuten, dass die angefeindete Person sich relativ schnell zu sexuellen Handlungen verleiten liesse. Ebenfalls wurde über das Erscheinungsbild hergezogen und beinahe eine «Jagd» eröffnet, wer das Opfer wo gesehen hat. Durch die vielen, jedoch regelwidrigen, veröffentlichten Informationen liess sich die verunglimpfte Person* leicht ausfindig machen. Eine Erklärung für die Vorkommnisse hat sie nicht: «Ich verstehe den Ursprung für diese Sache nicht. Ich habe mir nichts von den Vorwürfen zuschulden kommen lassen. Eine mir nahestehende Person schickte mir Auszüge der Posts, erst als ich meinen Namen las, merkte ich, dass es um mich geht.»
Das Opfer hat bereits eine Vermutung, wer hinter der Sache steckt. «Da teils sehr private Infos von mir publik gemacht wurden, muss es jemand sein, der mich kennt. Diese Aktion ist sehr primitiv und böse.»
Grenze überschritten
Das Opfer kann laut eigener Aussage die Sache gut wegstecken. «Ich werde mich deshalb nicht zu Hause verstecken. Die Aussagen sind falsch und deshalb sehe ich dafür keinen Grund. Zum Glück bin ich nicht so ein empfindlicher Mensch, für jemand mit einer dünneren Haut könnte dies aber sehr schlimm sein und entsprechende Folgen nach sich ziehen.» Doch einfach auf sich beruhen lassen sei auch keine Option. «Leider wurden auch Familienmitglieder von mir mit hineingezogen. Da wurde für mich klar eine Grenze überschritten, weshalb wir rechtliche Schritte gegen die Verursacher einleiten werden.»
Schreiber sind namenlos
Ursprünglich wurde die App für lustige und neckische Kommentare unter Studenten an Unis entwickelt. Für die Nutzung muss man sich lediglich die App aufs Handy laden und kann ohne Registrierung munter drauflostippen. Das Ganze erfolgt im Gegensatz zu Facebook und Twitter namenlos, weshalb sich wohl hier in der Region einige dazu verleiten liessen, negative Bemerkungen gegenüber Dritten abzugeben. Bereits vor einem Jahr wurde ein Oberwalliser Unternehmer Opfer der App. Er unternahm damals keine rechtlichen Schritte.
«Jodel» sieht keine Probleme
Der COO von «Jodel», Tim Schmitz, bestreitet auf Nachfrage häufigen Missbrauch der App und verallgemeinert das Mobbing auf sämtliche Social-Media-Plattformen: «Wie auf jeder anderen sozialen Plattform gibt es auch bei uns Fälle, in denen unsere Community-Guidelines missachtet werden. Fälle von Mobbing gibt es allerdings relativ selten. Es kommt, wenn überhaupt, in ländlicheren Orten vor mit weniger Aktivität.»
Über die eher mangelhaft durchgreifenden Moderatoren kann Schmitz nur rätseln. «Es ist für uns wichtig, eine Community zu haben, in der Nutzer gar nicht erst gegen Richtlinien verstossen und falls dies doch der Fall ist, diese Nutzer und Posts möglichst schnell von der Plattform zu verbannen. Wir sind in allen Punkten auf einem guten Level, aber auch damit kommt es ab und an noch zu Problemfällen. Wir haben ein Community-Team, welches den ganzen Tag daran arbeitet, unsere Vor- und Nachsorge-Systeme zu verbessern. Daran arbeiten wir ständig, und dies wird auch in Zukunft der Fall bleiben.»
Keine Kenntnis des Falls
Erstaunt zeigt sich der Verantwortliche über den aktuellen Fall in Visp. «Zu dem gegebenen Fall möchte ich ganz ehrlich sein: Wir sind derzeit intern am Recherchieren und Aufarbeiten. Leider wurden wir zu Missbrauchsfällen in Visp tatsächlich durch den ‹Walliser Boten› kontaktiert. Die Community und unser Moderationssystem scheinen hier nicht effektiv gewesen zu sein», so Schmitz. Die genauen Vorfälle werden nun von der Unternehmung rückverfolgt und Tim Schmitz gelobt Besserung. «Wir werden nach der Analyse des Falls unser Moderationssystem verbessern.»
* Name der Redaktion bekannt
Andrea Noti
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