Politik

"Entdecker" von Angela Merkel Wolfgang Schnur ist tot

Wolfgang Schnur im Jahr 1996 auf dem Weg zu einem Gerichtstermin.

Wolfgang Schnur im Jahr 1996 auf dem Weg zu einem Gerichtstermin.

(Foto: dpa)

1990 machte Wolfgang Schnur eine junge Frau zu seiner Pressesprecherin: Es war der Beginn der politischen Karriere von Angela Merkel. Schnur dagegen fiel tief, nachdem er als Stasi-Mitarbeiter enttarnt worden war. Nun stirbt er 71-jährig.

Der DDR-Wendepolitiker und Stasi-Spitzel Wolfgang Schnur ist tot. Der 71-Jährige starb bereits am Samstag in einem Krankenhaus in Wien. Das sagte ein Sprecher der Bestattung Wien, eines städtischen Bestattungsunternehmens. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung erlag Schnur einem Krebsleiden. Sein Leichnam sollte nach Berlin gebracht werden. Dort lebte er laut "Bild" zuletzt "so gut wie mittellos". Er hatte demnach elf Kinder.

Der 1944 in Stettin geborene und in Rostock aufgewachsene Schnur arbeitete in der DDR als Rechtsanwalt. Zudem war er ein bekannter Kirchenvertreter, saß etwa in der Synode der Evangelischen Kirche in Mecklenburg. Als Vertrauensanwalt der Evangelischen Kirche vertrat er viele Oppositionelle wie Dissidenten und Wehrdienstverweigerer. In dieser Funktion hatte er auch Kontakte zu Horst Kasner, dem Vater von Kanzlerin Angela Merkel. Schnur arbeitete auch mit Clemens de Maizière zusammen, dem Vater des letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière.

Aufstieg und tiefer Fall

In der Wendezeit betätigte sich Schnur politisch. Er wurde Gründungsmitglied und erster Vorsitzender der Oppositionsbewegung Demokratischer Aufbruch (DA), die eng mit der West-CDU verbunden war. Als Parteichef war er zeitweise auch Teilnehmer des Zentralen Runden Tischs. Allerdings wurde ihm "Amtsmissbrauch und Korruption" vorgeworfen, weshalb er diesen wieder verließ. Ende 1989 stellte Schnur Angela Merkel als hauptamtliche Mitarbeiterin beim Demokratischen Aufbruch ein. Sie wurde im Januar 1990 seine Pressesprecherin und begann damit ihre politische Karriere.

Als DA-Chef galt Schnur lange als Favorit auf den Posten des Ministerpräsidenten bei der ersten freien Wahl in der DDR im März 1990. Nur Tage vor der Wahl wurde allerdings bekannt, dass Schnur für die Stasi gearbeitet hatte. Das Ministerium für Staatssicherheit hatte ihn zwischen 1965 und 1989 als Informellen Mitarbeiter unter den Tarnnamen "Torsten" und "Dr. Ralf Schirmer" geführt. Noch als Parteichef des DA pflegte er Kontakte zur Stasi.

Infolge der Enthüllungen trat Schnur als DA-Chef zurück und wurde aus der Partei ausgeschlossen, die bei der Wahl kaum Stimmen erhielt. Ab 1991 arbeitete er wieder als Rechtsanwalt in Berlin. Zwei Jahre später wurde ihm wegen seiner Stasi-Tätigkeit und der damit verbundenen Weitergabe von Informationen die Zulassung als Anwalt entzogen. 1996 wurde er vom Berliner Landgericht wegen Verrats von Bürgerrechtlern an die Stasi zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Wegen verschiedener Vergehen erhielt er zudem zwei Geldstrafen.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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